Hanni & Nanni 2

Nachdem die von Enid Blyton erdachten Zwillinge Hanni & Nanni vor knapp zwei Jahren mit einer Millionen Besucher einen erfolgreichen Kinoeinstand gefeiert haben, kehren die Schwestern jetzt aus ihren Sommerferien zurück an das Internat Lindenhof. Dort herrscht momentan großes Chaos, fehlt doch an allen Ecken und Enden Geld. So musste bereits der beliebte Hockey-Platz einer Schafherde weichen und auch der Speiseplan sieht nicht gerade attraktiv aus. Als Rektorin Frau Theobald (Hannelore Elsner) mit Aussicht auf finanzielle Rettung ins Ausland reisen muss, überträgt sie die Schulleitung ausgerechnet der Französischlehrerin Madame Bertoux (Katharina Thalbach), wodurch das Leben auf dem Lindenhof endgültig ins Chaos zu stürzen droht. Doch das sind nicht die einzigen Probleme, mit denen sich Hanni und Nanni (Jana und Sophia Münster) in diesem Schuljahr herumschlagen müssen. Ihre nervige Cousine Lilly, die ebenfalls auf das Internat gekommen ist, eine geheimnisvolle Prinzessin, der attraktive Neffe von Madame Bertoux und schließlich noch die Ehekrise von Georg (Heino Ferch) und Jule (Anja Kling) Sullivan halten die Mädchen mächtig auf Trab. Dass sie dabei schon längst in einem großen Abenteuer rund um eine geplante Entführung stecken, ahnen die Zwillinge da aber noch nicht…

"Hanni & Nanni 2" dürfte allen Fans des ersten Teils gefallen. Der Film ist eindeutig auf junge Mädchen als Zielpublikum zugeschnitten. Und die werden sich dann auch nicht an den Dingen stören, die einem erwachsenen Zuschauer vielleicht als negativ auffallen. Daher könnte diese Kritik eigentlich genau hier enden. Dennoch möchte ich kurz meinen Ansichten über dieses Werk freien Lauf lassen, denn es ärgert mich einfach, dass gerade bei deutschen Kinderfilmen scheinbar so wenig Wert auf Qualität und Originalität gelegt wird. Die Charaktere sind lachhaft uninspiriert, was ganz besonders für die erwachsenen Figuren gilt. Ja, Kinder mögen es vielleicht lustig finden, wenn Katharina Thalbach mit klischeehaftem Französisch-Akzent und Mireille Mathieu Gedächtnisperücke von einem  Fettnäpfchen in den nächsten tritt. Und sie werden sich auch über die übertrieben dämlich agierenden Entführer amüsieren können. Doch muss das Ganze dann auch immer von lustiger Musik und überzogener Mimik begleitet werden? Kann Kindern Humor nicht auch etwas subtiler und intelligenter vermittelt werden?

Noch schlimmer aber steht es um die moralische Botschaft, die der Film zu vermitteln versucht. Es ist lobenswert, wenn sich Kinderfilme mit Themen auseinandersetzen, die das junge Zielpublikum auch tatsächlich beschäftigen. Arbeitslosigkeit der Eltern und Scheidung sind eben solche Themen und diese anzusprechen, ist wahrlich kein Aspekt, den man kritisieren müsste. Wenn das Ganze aber dann mit auf derart einfache, realitätsfremde Art und Weise aufgelöst wird, ist das einfach nur verlogen und ärgerlich. Sicherlich, ein Film wie "Hanni & Nanni 2" muss nun wirklich nicht besonders realistisch sein und soll Kindern ja auch in erster Linie Spaß und Freude bereiten. Doch wenn ein sehr ernstes Thema zum zentralen Teil der Geschichte gemacht wird, dann sollte die Auflösung doch bitte nicht derart simpel und wirklichkeitsfremd dargestellt werden. Damit ist betroffenen Kindern wahrlich nicht geholfen.

Lieblos gezeichnete Charaktere, furchtbar flache Klischees und eine Geschichte, die so vorhersehbar ist, dass wirklich kein einziger Überraschungsmoment ausgemacht werden kann, all das macht aus dieser Fortsetzung ein wirklich unsägliches Werk, das den deutschen Kinderfilm in keinem guten Licht dastehen lässt.  Wie gesagt, mir ist klar, dass der Film nicht für Zuschauer wie mich gemacht ist und dass kleine Mädchen wahrscheinlich wirklich Spaß an dem zweiten Kinoabenteuer der Zwillinge haben werden. Aber ich bin fest davon überzeugt, dass das Vergnügen noch sehr viel größer wäre, wenn sich die Macher nicht nur auf plumpe Gags und überzeichnete Figuren verlassen würden. Für mich einer der schlimmsten Filme des Jahres, für die Zielgruppe aber wahrscheinlich leider trotzdem irgendwie sehenswert!

Ein Artikel von Sebastian Betzold