Die OP-Schwester Liane brilliert in ihrem Job in der Taunusklinik. Ihr Chefarzt ist der Kinderchirurg Johannes Gelders, der nicht ahnt, dass es zwischen ihm und Liane eine lange zurückliegende Verbindung gibt. Denn für Liane ist klar: Gelders, der geschlechtsverändernde Operationen an Kindern vornimmt, hat ihre Familie zerstört. Und dafür sinnt Liane auf Rache. Während ihres sorgfältig geplanten Rachefeldzugs findet sie heraus, dass der Arzt illegale Hormonexperimente durchführt und dafür im wahrsten Sinne des Wortes über Leichen geht. Liane scheint ihrem Ziel immer näher zu kommen, bringt damit aber nicht nur sich selbst immer mehr in Gefahr…
"Verschnitt" ist kein typischer Frankfurt-Thriller. Das Buch spielt zwar in der Mainmetropole, doch die Stadt spielt hier nur eine untergeordnete Rolle, trägt dabei aber mit zu der besonderen Atmosphäre der Geschichte bei. Diese wird aus verschiedenen perspektiven erzählt, was immer ein schwieriges Unterfangen ist. Denn oftmals gelingt es nur bedingt, den einzelnen Protagonisten eine eigene Stimme zu geben. Jennifer Hauff gelingt das sehr gut. Die Figuren, in deren Gedankenwelt die Leser hier eintauchen dürfen – Liane, Dr. Gelders und Lianes Bruder Lutz) sind klar voneinander zu unterscheiden. Zudem gelingt es der Autorin, der Geschichte durch den Perspektivwechsel immer wieder neue Facetten und interessante Wendungen zu verleihen.
Überhaupt ist der Aufbau der Handlung eine der großen Stärken des Thrillers. Hauff lässt die Leser lange darüber im Dunkeln, wohin die Reise geht und was Lianes Intentionen und Beweggründe sind. Das ausschlaggebende Thema, das von wahren Begebenheiten rund um geschlechtsverändernde Operationen inspiriert wurde, wird dabei sensibel, informativ und zum Glück überhaupt nicht reißerisch oder lehrmeisterhaft behandelt. Das hätte leicht daneben gehen können, doch Hauff trifft stets den richtigen Ton. So ist ihr ein packender Thriller ebenso gelungen, wie ein aufwühlendes Drama, das zum Ende hin deutlich an Tempo zulegt und sich immer wieder einer allzu deutlichen Vorhersehbarkeit entzieht.
Gerade angesichts der Tatsache, dass "Verschnitt" nach zwei Jugendbüchern der erste Thriller der gebürtigen Frankfurterin ist, macht das Ergebnis umso beeindruckender. Ihr ist ein Buch gelungen, das den Leser während der Lektüre fesselt , das gleichzeitig aber auch für das Thema von Operationen an intergeschlechtlich geborenen Kindern sensibilisiert. Ein spannender, tiefsinniger und dabei extrem unterhaltsamer Thriller, der auch nach dem Ende noch lange nachhält. Lesenswert!
Ein Artikel von Sebastian Betzold