Wer Heinrich von Kleist verehrt und seine Stücke nur in werksgetreuen Umsetzungen erleben möchte, der sollte wahrscheinlich jetzt besser zu lesen aufhören. Denn was Marcel Schilling aus dem Lustspiel „Der zerbrochene Krug“ für das Theatrallalla-Ensemble um Thomas Bäppler-Wolf gemacht hat, ist nun wirklich eine sehr freie Adaption. „Dreist nach Kleist“ eben. Kleist-Puristen könnten sich angesichts dieser musikalischen Mundart-Version vielleicht die Haare raufen. Theatrallalla-Fans dagegen bekommen genau das geboten, was dieses kleine, sympathische Theater im Frankfurter Nordend so beliebt macht: herrlichen Unsinn, ein richtig gut gelauntes Ensemble, Humor über und bisweilen auch etwas unter der Gürtellinie und jede Menge Lokalkolorit.
In Marcel Schillings Adaption erwacht der „ehrenwerte“ Richter Adam (Thomas „Bäppi“ Bäppler-Wolf) nach einer Nacht, die von zu viel Apfelwein und noch mehr Wollust geprägt war. Zwei blutige Wunden zieren seinen dicken Schädel und seine Perücke ist verschwunden. Und ausgerechnet jetzt teilt ihm sein Schreiber Licht (Stefan Pescheck) mit, dass der Gerichtsrat Walter (Lars Ruth) auf dem Weg aus Offenbach zu ihnen ist, um den Dorfrichter und seine Kassen unter die Lupe zu nehmen. Und als wäre das nicht schon schlimm genug, muss er vor dem Gerichtsrat dann auch noch den Fall des zerdepperten Bembels der Frau Marthe (Ute Ehrenfels) verhandeln, die behauptet, das gute Stück wäre durch einen Mann zerstört worden, der sich in der Nacht in die Kammer ihrer Tochter Eve (Eva Völl) geschlichen habe – und da käme ja nur ihr Verlobter Ruprecht (ebenfalls Stefan Pescheck) in Frage. Doch der gibt einem geheimnisvollen Unbekannten die Schuld, dem er nur zwei Schläge auf den Kopf verpassen konnte, bis dieser geflohen sei. Ein Zufall, oder hat etwa Richter Adam etwas damit zu tun?
Bäppi kann sein Publikum sehr gut einschätzen, nicht zuletzt, da er sich in den vergangenen Jahren immer wieder an verschiedenen Stoffen und Formaten versucht hat. Er weiß, dass die Theatrallalla-Besucher keine Hochkultur geboten bekommen wollen, sondern einfach für ein paar Stunden Spaß haben und ausgelassen lachen möchten. Und genau das bekommen sie auch in dieser schrägen Kleist-Adaption geboten. Das Lustspiel wurde komplett entstaubt und in einen kurzweiligen Klamauk verwandelt, bei dem das Publikum mindestens genauso viel Spaß hat, wie die guten Darsteller auf der Bühne.
Egal, ob mit der Tatsache kokettiert wird, dass Stefan Pescheck aus Budgetgründen eine Doppelrolle übernehmen musste oder ob es zu kleineren Missgeschicken kommt und plötzlich eine Fleischwurst quer über die Bühne fliegt – gerade dadurch, dass nie vorgegeben wird, dass hier große Kunst oder absoluter Perfektionismus geboten werden, kann auch diese herrlich leichtfüßige Inszenierung wieder mit einem herzlichen Charme punkten, der dafür sorgt, dass die Gäste auch dann noch gut gelaunt sind, wenn sich der tosende Schlussapplaus längst gelegt hat.
Wer das kleine Theater für seinen ganz eigenen Charakter liebt, der wird auch an diesem Stück wieder großen Spaß haben. Viel Gelegenheit, es zu genießen, habt Ihr allerdings nicht mehr. <link https: www.frankfurt-tipp.de veranstaltungen s event der-zerdepperte-bembel.html _blank>Denn „Der zerdepperte Bembel“ wird nur noch am Sonntag (ausverkauft), Dienstag und Mittwoch im Theatrallalla aufgeführt. Also schnell noch die letzten Tickets sichern!