Gerade zu Zeiten, bevor die Uni und damit auch die Studenten zu großen Teilen ins Westend gezogen waren, pulsierte die Leipziger Straße in Bockenheim vor Leben und Vielseitigkeit. Seitdem hat sich viel verändert. Zahlreiche Läden mussten schließen – dafür sind aber neue hinzugekommen. Ihren ganz besonderen Charakter hat sich die Straße erhalten können. Traditionsgeschäfte, alternative Konzepte und eine Gastro-Szene mit Rezepten aus aller Herren Länder – in Bockenheim geht man bewusst einen eigenen Weg.
Natürlich gibt es auch hier Sorgen – gerade in Bezug auf die Auswirkungen der Corona-Pandemie. Wie geht es weiter auf der Leipziger? Wo drückt der Schuh? Und wie hart trifft Corona die Gewerbetreibenden? Über diese und andere Frage wollte Oberbürgermeister Peter Feldmann bei einem Rundgang über die Flaniermeile unweit des alten Uni-Geländes mit Gewerbetreibenden und Gastronomen sprechen. Begleitet wurde er vom Gewerbeverein, dem Stadtteilmanagement sowie Frankfurts Citymanager Eduard M. Singer.
„Ich bin gerne hier“, outete Feldmann sich gleich zu Beginn des Stadtteilbesuchs als „Leipziger-Straße-Fan“. „Die Leipziger ist eine Straße der Vielfalt. Sie zeigt, warum das Internet eben nicht die neue Einkaufsstraße ist. Was es hier gibt, sucht man im World Wide Web vergebens. Geschäfte mit Charakter, multikulturelles Flair, den speziellen Bockenheim-Vibe.“
Die Tour führte den Oberbürgermeister und seine Begleiter zunächst in die Buchhandlung Eselsohr. Dieser Laden kann mit Fug und Recht als eine echte Bockenheimer Institution bezeichnet werden. Seit der Eröffnung 1982 hat sich das „Eselsohr“ zur Anlaufstelle für alle, die gute Kinder- und Jugendliteratur schätzen, entwickelt. Ob Bilderbuch, Entwicklungsroman oder Spielzeug: Bei Inhaberin Grischa Götz und Gründerin Ulrike Boessneck-Voigt (arbeitet dort immer noch mit) wird man fündig – und stets gut beraten. „Sie sind mehr als eine Buchhandlung“, so Feldmann. „Das ‚Eselsohr‘ ist Kulturort für Kinder und Jugendliche, Ratgeber und Anker für Eltern. Nach dem Lockdown werden wir solche Orte noch viel stärker brauchen. Unsere Kinder müssen verarbeiten, was passiert ist.“
Weiter ging die Tour zu „Hucks yesternday“, das wir Euch HIER schon genauer vorgestellt haben. In dem kleinen Laden sieht es nur auf den ersten Blick aus wie in einer gewöhnlichen Bäckerei. Denn das Besondere an dem Angebot hier ist, dass die Waren vom Vortag sind und nun eine zweite Chance bekommen – natürlich zum vergünstigten Preis. Der Gewinn fließt in soziale Projekte vor Ort. Aus Sicht des Oberbürgermeisters ist das eine Idee mit Vorbildcharakter: „Weniger Lebensmittelverschwendung, dazu Engagement für Initiative vor Ort, das stärkt den Zusammenhalt im Stadtteil, sorgt für Identifikation der Bockenheimer mit ihrer Einkaufsmeile.“
Vielfalt – das bekommt man auf der Leipziger oft zu sehen. Ganz besonders aber in dem schönen Frida`s Cafe der Brüder Cagdas und Yoldas Telli. Das Konzept ihres charmanten Cafés: Sie bieten Kaffee für Genießer plus internationale Rezepte an, umgesetzt mit regionalen Produkte. „Bei Ihnen gibt es die Bockenheimer Mischung im Brennglas, wenn man so will“, sagte Feldmann. Er hoffe – wie wir alle - , dass das Café-Motto „Eat, drink, socialize“ bald wieder mit Leben gefüllt werden könne: „Die für den 1. April von der Landesregierung angestrebte Öffnung der Außengastronomie geht in die richtige Richtung. Als Stadt haben wir hier unsere Hausaufgaben bereits gemacht. Die großzügigen Sondergenehmigungen aus dem Vorjahr bleiben bestehen. Der erste Baustein meines ‚Frankfurt-Plans‘ ist damit umgesetzt.“
Zum Abschluss des Rundgangs ging es noch in die Galerie Hake. Inhaberin Isabelle Routisseau ist auch im Vorstand des Gewerbevereins „Bockenheim aktiv“. Ihr Wunsch: ein Kümmerer für die Leipziger, analog dem erfolgreichen Modell für die obere Berger Straße, über das wir gerade erst HIER berichtet hatten.
„Die Anregung nehme ich gerne auf“, so der Oberbürgermeister zum Abschluss. „Während des Lockdowns haben viele ihre Einkaufsstraße um die Ecke wiederentdeckt. Zusammen mit dem Schub durch die zu erwarteten Lockerungen könnte hier was entstehen – und die Leipziger Straße als Einkaufsmeile mit Charakter nach vorne bringen. Lassen Sie uns diese Chance nutzen.“
Dieser Rundgang bot natürlich nur einen kleinen Einblick in die Angebotsvielfalt des Einzelhandels und der Gastronomie auf der Leipziger. Aber er machte deutlich, wie wichtig lebendige, vielseitige Einkaufsstraßen für Innenstädte und Stadtteile sind. Und dass es Konzepte geben muss, wie sie nach der schwierigen Zeit der Pandemie wiederbelebt werden können, damit sie unserer Stadt langfristig erhalten bleiben.