Das Caricatura Museum Frankfurt trauert um den Künstler und Mentor des Caricatura Museums F.W. Bernstein
Der Zeichner, Dichter und Satiriker Fritz Weigle, alias F.W. Bernstein, ist am 20. Dezember 2018 nach langer Krankheit gestorben. Bekanntheit erreichte F.W. Bernstein durch seine Arbeiten für die Satiremagazine Pardon und Titanic, die Mitbegründung der Neuen Frankfurter Schule und als Professor für Karikatur und Bildgeschichte in Berlin.
Geboren wurde F.W. Bernstein als Fritz Weigle am 4. März 1938 in Göppingen. Nach seinem Abitur 1957 studierte er an der Kunstakademie Stuttgart, wo er Robert Gernhardt kennen lernte. Später wechselte er an die Hochschule der Künste Berlin. Von dort aus nahmen er und Robert Gernhardt die ersten Kontakte zum 1962 gegründeten Satiremagazin Pardon auf. Nach ihrer Abschlussprüfung 1964 wurden sie Teil der Redaktion, zu der bereits Chlodwig Poth, Hans Traxler und F.K. Waechter gehörten. Bei Pardon war F.W. Bernstein zusammen mit Robert Gernhardt und F.K. Waechter für die Pardon-Beilage „Welt im Spiegel“, kurz WimS, verantwortlich und kultivierte hier den Nonsens in Text und Bild.
Die Gruppe dieser fünf Zeichner und der drei Autoren Pit Knorr, Eckhard Henscheid und Bernd Eilert, von denen ein Teil 1979 das Satiremagazin Titanic gründete, wurde unter dem Namen Neue Frankfurter Schule bekannt. Mit dem bekannten Tier-Zweizeiler „Die schärfsten Kritiker der Elche/waren früher selber welche!“ verschaffte F.W. Bernstein der Neuen Frankfurter Schule ihr Motto und inspirierte Hans Traxler zum Entwurf des Wappentiers. Oliver Maria Schmitt, Schriftsteller und ehemaliger Titanic-Chefredakteur, bescheinigt F.W. Bernstein eine Sonderstellung im „Kollegium der Neuen Frankfurter Schule“: „Er ist nicht nur der Einzige, aus dem was Ordentliches geworden ist..., sein Werk ist das im Gruppenkreise mit sicherem Abstand Sperrigste und Eigenartigste“. Neben seiner satirischen Tätigkeit ging F.W. Bernstein als Lehrer in den Schuldienst. Später war er Akademischer Rat an der Pädagogischen Hochschule Göttingen und dozierte als Gast an der Hochschule für Bildende Kunst Kassel.
Stets war er Förderer und Mentor junger Zeichnerinnen und Zeichner. 1984 führte dies zur Berufung auf die weltweit einzige Professur für Karikatur und Bildgeschichte an der Hochschule der Künste Berlin. Von dort aus arbeitete er freischaffend als Zeichner, Karikaturist und Schriftsteller u.a. für das endgültige Satiremagazin Titanic. Seine genialen Reime und Zeichnungen zeigen eine außerordentliche Vielseitigkeit in Stil und Material. „Er lässt sich gern von seinem Strich entführen, von der Feder in die Ferne tragen. Komik und Kunst machen sich selbständig, ohne Hinter- oder gar Verwertungsgedanken, manches bleibt erratisch, verschroben, schleierhaft“, so Oliver Maria Schmitt über ihn.
F.W. Bernstein wurde einem breiten Publikum durch seine zahlreichen und unvergesslichen lyrischen und satirischen Werke bekannt. Dazu gehört zum Beispiel die Gemeinschaftsarbeit mit Robert Gernhardt und F.K. Waechter „Die Wahrheit über Arnold Hau“ (1966), „Lehrprobe – Report aus dem Klassenzimmer“, veröffentlicht 1969 unter dem Namen Fritz Weigle, sowie das bis heute für die Gattung einzigartige „Bernsteins Buch der Zeichnerei – Ein Lehr-, Lust-, Sach- und Fach-Buch sondergleichen“ (1989). Erst jüngst erschien der Gedichtband „Frische Gedichte“ (2017) im Nachtrag zu „Die Gedichte“ (2003). Noch umfangreicher als sein literarisches Werk gestaltet sich das zeichnerische Œuvre F.W. Bernsteins, das in zahlreichen Ausstellungen gewürdigt wurde. Allein über 3.000 Zeichnungen befinden sich im Besitz des Caricatura Museums Frankfurt, für dessen Gründung F.W. Bernstein mitverantwortlich war und das er bis zuletzt interessiert begleitete. Seit der Eröffnung im Jahr 2008 haben seine Zeichnungen einen festen Platz in der Dauerausstellung des Hauses.
Zudem wurde F.W. Bernstein mit zahlreichen Preisen geehrt: 2003 mit dem Göttinger Preis für Satire „Göttinger Elch“, der nach seinem berühmten Zweizeiler benannt wurde, im gleichen Jahr gemeinsam mit seinen Kollegen der Neuen Frankfurter Schule mit dem Preis der Binding-Kulturstiftung. 2007 erhielt er den „Heinrich-Schickhardt-Preis" der Stadt Göppingen, 2008 den Wilhelm-Busch-Preis sowie den Kasseler Literaturpreis für grotesken Humor, 2011 den Deutschen Karikaturenpreis für sein Lebenswerk. Am 14. März 2018 wurde er mit dem Ludwig-Emil-Grimm-Preis der Stadt Hanau geehrt, dort wurde aus diesem Anlass auch seine bisher letzte große Ausstellung gezeigt.
F.W. Bernstein lebte zusammen mit seiner Frau Sabine in Berlin. Er hat zwei Kinder.