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Sportkreisvorsitzender Frischkorn mit Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet

07.07.2023 | 13:02 Uhr | Leute
Sportkreisvorsitzender Frischkorn mit Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet

Roland Frischkorn ist seit 23 Jahren Vorsitzender des Sportkreises Frankfurt. Der 69-Jährige engagiert sich seit vielen Jahren ehrenamtlich im sozialen, kulturellen und politischen Bereich in der Stadtgesellschaft. So ist er langjähriger Vorsitzender des Vereins „Faprik“, eines Zusammenschlusses zur Förderung von Ausbildungsprojekten. Frischkorn gehört auch zu den Gründungsmitgliedern des Vereins „Waggong“, der soziokulturelle Projekte in den Stadtteilen auf die Beine stellt. Für sein Engagement wurde ihm am Freitag, 7. Juli, von Oberbürgermeister Mike Josef das Bundesverdienstkreuz am Bande verliehen. Das Stadtoberhaupt sagt: „Roland Frischkorn verkörpert mit seinem Engagement die Vielfältigkeit unserer Frankfurter Sportstadt. Ich danke ihm für seinen unermüdlichen Einsatz für die Frankfurter Vereine, seine Arbeit verbindet und bringt die Stadt zusammen.“

Aufgewachsen in Sterbfritz nahe Schlüchtern, kam Frischkorn als junger Mann für die Ausbildung als Biologielaborant bei der damaligen Höchst AG nach Frankfurt. Er engagierte sich in der Jugend- und Auszubildendenvertretung sowie der IG Chemie, Papier, Keramik. Später arbeitete er hauptberuflich für die Gewerkschaft. Es folgten Stationen mitunter als Büroleiter im städtischen Sozialdezernat sowie verschiedene Tätigkeiten bei der ABG Frankfurt Holding. Zusätzlich gehörte er für zwei Legislaturperioden der Stadtverordnetenversammlung an. Im Interview spricht Frischkorn über seinen Lebensweg, gesellschaftliches Engagement und den Sport in Frankfurt.

Herr Frischkorn, was bedeutet die Auszeichnung für Sie?

ROLAND FRISCHKORN: Natürlich freue ich mich persönlich. Aber es ist auch eine Auszeichnung für die ganz vielen Menschen, die mich während meines gesellschaftlichen Engagements in den vergangenen 64 Jahren begleitet haben. Das fing ja ganz früh an: Mit fünf Jahren hatte ich bereits in Sterbfritz öffentlich Gedichte vorgetragen (lacht). Als Schülerinnen und Schüler organsierten wir die erste Demonstration in Schlüchtern gegen die schlechte Raumsituation an der Realschule. 1977 stellte ich als Jugendsekretär der Gewerkschaft eine der ersten Demonstrationen gegen Jugendarbeitslosigkeit auf die Beine. All das macht man nicht alleine.

Meine aktuelle Arbeit im Sportkreis verdeutlicht das umso mehr: Im vergangenen Jahr haben wir 6140 Veranstaltungen durchgeführt mit einem hauptamtlichen Apparat von 20 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Das geht ohne all die vielen Ehrenamtlichen nicht. Und natürlich hat all das auch eine persönliche Seite. Für meine Ziele streite ich. Insofern bin ich auch ein streitbarer Mensch.

Wie sind Sie zum Sportkreis gekommen?

FRISCHKORN: Eigentlich entstamme ich einer Fußballerfamilie. Doch darauf hatte ich keine Lust, da mein Vater als Trainer das Geschehen ziemlich dominierte. Als wir viele Jahre später eine meiner Töchter beim Ersten Sindlinger Schwimmclub anmeldeten, entwickelte sich daraus mehr. Ich nahm Schwimmunterricht und startete auch bei den Frankfurter Stadtmeisterschaften. Und irgendwann war ich im Vereinsvorstand, dem ich viele Jahre angehört hatte. Daraus entwickelte sich mein Weg zum Sportkreis. Heute schwimme ich nicht mehr aktiv, gehe aber dafür regelmäßig ins Fitnessstudio.

Sport in gesellschaftlicher Verantwortung, was bedeutet das für Sie?

FRISCHKORN: Vielleicht erst einmal vom Grundsatz her: Ich sage immer, dass wir zu oft Menschen in Schubladen stecken, anstelle darüber zu diskutieren, welche Chancen das Möbelstück bietet, in dem sich die Schubladen befinden. Ganz praktisch heißt das, wir müssen Sport als soziale Möglichkeit begreifen, Menschen zu erreichen und bei Bedarf zu helfen. Wie das geht, zeigt etwa die Nachtsportinitiative der Sportjugend. So entstehen bis zu 12.000 Kontakte. Oder schauen Sie sich unsere Gallusprojekte an. Wir sind dort nicht nur sportlich mit vielen Projekten wie der Bolzplatzliga für Jugendliche aktiv, sondern unterstützen erfolgreich jährlich bis zu 150 Menschen, einen Ausbildungsplatz zu finden.

Natürlich muss der Sport auch neue Formate entwickeln, um sich den gesellschaftlichen Veränderungen zu stellen. Wir haben in Frankfurt rund 3000 Menschen, die aktiv Calisthenics betreiben. Hinzu kommt das Streetball-Projekt für die offene Basketball-Szene bei der Europäischen Zentralbank. Das sind eher lose Organisationsformen, die unter der Vereinsschwelle liegen. Hierum kümmern wir uns auch.

Allerdings sollten wir den Spieß auch umdrehen: Es wird immer gerne viel darüber geredet, was die Sportvereine zu leisten hätten. Doch wie sieht das andersrum aus? Konkret meine ich die Wirtschaft. Auch das ist gesellschaftliche Verantwortung. Da waren wir schon mal weiter, wenn ich an meine Zeit bei der Höchst AG denke. Von dort gab es konkrete Unterstützung für die Vereine, indem etwa ein Steg für einen benachbarten Ruderverein geschweißt wurde. Auch die finanzielle Unterstützung war früher ausgeprägter.

Wie beurteilen Sie den aktuellen Zustand der Frankfurter Sportlandschaft?

FRISCHKORN: Was die Vereine anbetrifft, gut. Folgende Zahlen zum Beispiel: Als ich 2000 Vorsitzender des Sportkreises wurde, hatten wir 113.000 Mitglieder in 640 Vereinen. Heute sind es 300.000 Mitglieder in 415 Vereinen – also mehr, als die Stadtbevölkerung gewachsen ist. Die Nachfrage ist riesig. Oft können die Vereine diese nicht befriedigen, was zu Wartelisten führt. Ich finde das traurig. Gleichzeitig haben die Vereine ihre Angebote angepasst, was zu Wachstum führt. Besonders nachgefragt sind Gymnastik-, Gesundheits- und Präventionsangebote. In manchen Vereinen stellt diese Sparte zwei Drittel der Mitglieder.

Ein gutes Beispiel hierfür ist die TG Bornheim mit ihrem imposanten Wachstum in den vergangenen Jahren. Auch die Fitnessstudios machen mir keine Bange: Diese verfügen über etwa 140.000 Kunden. Ich begreife sie als Ergänzung zu uns und nicht als Konkurrenz. Somit ist für mich klar: Wir in den Sportvereinen sind Gesundheitsanbieter Nummer 1.

Diese Entwicklung geht Hand in Hand mit erhöhtem Raumbedarf. Glücklicherweise hat man in der Verwaltung eingesehen, dass Sportvereine ziemlich schnell bauen können. Daher bin ich froh, dass die Verwaltung einen Kostenzuschuss für Vereine gewährt, die selbst bauen. Beim Turnverein Harheim führte das in Folge zu einer Verdoppelung der Mitgliederzahl. Wir bekommen die Dynamik beim Stadtwachstum auch in den Vereinen mit, ganz klar.

Wenn Sie etwas Wasser in den Wein zu gießen hätten, wo wäre das?

FRISCHKORN: Zuerst an dieser Stelle, beim Sportstättenbau. Viele Vereine trainieren noch auf Anlagen oder in Gebäuden, die dringend modernisierungsbedürftig sind. Hier liegt noch einiges vor uns, wobei auch das Land gefordert ist. Diese Thematik stellt sich auch beim Blick in die Zukunft dar. Aktuell entstehen neue Stadtteile und Quartiere. Ich fordere, dass mit jedem Neubau einer Schule eine moderne Dreifeldhalle entsteht. So haben alle in dem Stadtteil etwas davon. Es darf nicht sein, dass der Sportflächenbau in Konkurrenz zu anderen Handlungsfeldern diskutiert wird.

Dann hatte ich es bereits vorhin schon angesprochen, die Verantwortung der Wirtschaft. Durch gesunde Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter profitiert auch sie von unserer Arbeit. Einerseits gibt es die vorhin schon angesprochene materielle Unterstützung. Andererseits haben wir aufgrund unseres Wachstums Bedarf, unsere Ehrenamtlichen fortzubilden. Daher fordere ich die Wirtschaft auf, ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter freizustellen, wenn diese einen Übungsleiter-Lehrgang besuchen. Auch das ist früher häufiger vorgekommen. Hiervon haben die Unternehmen übrigens auch etwas: Auf diesen Lehrgängen werden auch die sozialen Kompetenzen geschult, die ja im Arbeitsleben immer wichtiger werden.
 
Interview: Ulf Baier

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