Die Frankfurt-Tipp Bewertung: |
Genre: | Drama |
Regie: | Anne Zohra Berrached |
Kinostart: | 22.09.2016 |
Produktionsland: | Deutschland 2016 |
Laufzeit: | ca. 103 Min |
FSK: | ab 12 Jahren |
Webseite: | www.24wochen.de/ |
Für Astrid (Julia Jentsch) und Markus (Bjarne Mädel) läuft das Leben genau, wie sie es sich gewünscht haben. Astrid feiert große Erfolge als Kabarettistin, ihr Mann unterstützt sie dabei als Manager. Zusammen haben sie eine Tochter, die ihr ganzer Stolz ist. Doch dann wird die heile Welt komplett aus den Angeln gehoben, als Astrid wieder schwanger wird und das Paar erfährt, dass das ungeborene Baby schwer krank ist. Die Beiden müssen nun eine schwere Entscheidung treffen. Doch sie sind sich sicher, dass sie es gemeinsam schaffen werden. Doch gerade, als sie sich sicher zu sein scheinen, die richtige Entscheidung getroffen zu haben, ereilt sie die nächste Hiobs-Botschaft…
"24 Wochen" stellt einige sehr unangenehme Fragen. Das Drama ist in jeder Hinsicht eine Herausforderung, nicht nur inhaltlich, sondern auch stilistisch. Regisseurin Anne Zohra Berrached hat versucht, die Geschichte so authentisch wie möglich zu erzählen und auf typisch filmische Stilmittel weitgehend zu verzichten. Dadurch soll ein fast dokumentarischer Charakter entstehen, der allerdings nicht immer funktioniert. Abgesehen davon, dass die kurzen Auftritte von Astrid als Kabarettistin extrem platt sind und in Wirklichkeit wohl kaum zu einer erfolgreichen Karriere geführt hätten, wirken vor allem die improvisiert anmutenden Dialoge und das Spiel der echten Ärzte und Spezialisten etwas zu gestelzt, um tatsächlich "echt" zu erscheinen. Keine Frage, Julia Jentsch und Bjarne Mädel spielen gut. Dennoch wirken die Figuren gerade in der ersten Filmhälfte durch die sehr angestrengten Bemühungen, real zu erscheinen, extrem gespielt.
Dieser etwas sperrige Stil zahlt sich im letzten Drittel dann allerdings voll aus. Denn was man hier zu sehen bekommt, ist wohl das Intensivste und auch Unangenehmste, was das deutsche Kino in den letzten Jahren zu bieten hatte. Die letzten 15 Minuten sind sehr schwer zu ertragen, und auch wenn man anfänglich vielleicht Probleme damit hatte, sich in die Geschichte einzufinden, kann man sich diesem letzten Akt einfach nicht entziehen. Was Julia Jentsch hier schauspielerisch abliefert, ist schlicht und ergreifend großartig und man zweifelt keine Sekunde daran, hier eine Frau zu sehen, die im Angesicht ihrer schweren Entscheidung extrem leidet.
"24 Wochen" ist kein Film, nach dem man entspannt und fröhlich das Kino verlässt. Das Drama zwingt Diskussionen, Gespräche und auch eine gewisse Verarbeitung des Gesehenen geradezu auf. Und da es sich hier um ein sehr sensibles Thema handelt, werden einige Gespräche wohl auch sehr hitzig verlaufen. Doch genau dann, wenn das passiert, hat der Film sein Ziel erreicht. Er will, dass ein Tabu thematisiert wird und dass alle – sowohl die, die Astrid verstehen können, als auch die, die sie mit jeder Faser ihres Körpers verurteilen werden – ihre Position überdenken und sich ernsthaft fragen: Was würde ich tun? Auch wenn es auf diese Frage eigentlich keine Antwort gibt, solange man nicht wirklich in einer solch schwierigen Situation ist, ist es wichtig, dass man offen über solche schwierigen Themen diskutiert. Und deshalb ist "24 Wochen" ein wichtiges, wenn auch sehr, sehr schwieriges Werk. Wer sich dieser Herausforderung stellen will, für den gilt dann auch ganz klar: Sehenswert!
Ein Artikel von Sebastian Betzold