Die Frankfurt-Tipp Bewertung: |
Originaltitel: | American Sniper |
Genre: | Kriegsfilm, Drama |
Regie: | Clint Eastwood |
Kinostart: | 26.02.2015 |
Produktionsland: | USA 2014 |
Laufzeit: | ca. 132 Min. |
FSK: | ab 16 Jahren |
Webseite: | www.americansniper.de |
Kaum ein Film hat in den USA in jüngster Vergangenheit für solch kontroverse Diskussionen gesorgt wie Clint Eastwoods neuestes Kriegsdrama "American Sniper". In dem Film erzählt Eastwood die Geschichte des Navy SEALs Chris Kyle (Bradley Cooper), der mit über 160 bestätigten Tötungen als der präziseste und erfolgreichste Scharfschütze der amerikanischen Militärgeschichte gilt. Basierend auf Kyles Autobiografie folgt der Film dem Soldaten nicht nur während seiner vier Einsätze im Irak, sondern versucht auch nachzuzeichnen, welche Belastung diese für seine Ehe mit seiner Frau Taya Renae Kyle (Sienna Miller) und für seine eigene Psyche sind. Und es wird gezeigt, wie er seinen Weg zurück in den ganz normalen Alltag sucht, nachdem er sich gegen das Militär und für seine Familie entschieden hat.
Zunächst war Chris Kyle nicht wirklich begeistert von der Idee, dass sein Buch verfilmt werden sollte. Doch nachdem es Regisseur Clint Eastwood und Produzent und Hauptdarsteller Bradley Cooper gelungen war, ihn von ihrer Vision für den Film zu überzeugen, sah alles nach einer engen Zusammenarbeit zwischen Kyle und dem Filmteam aus. Doch dazu sollte es nicht kommen, wurde Kyle im Februar 2013 von einem scheinbar traumatisierten Veteranen erschossen. Nun war es Eastwood und Cooper ein ganz besonderes Anliegen, die Ehre des Scharfschützen, der für sie wie für viele andere Amerikaner ein großer Held war, hoch zu halten. Und genau hier liegt das Problem des Films. Denn Chris Kyle war eben nicht nur der große Kriegsheld, sondern auch eine äußerst umstrittene Person. Davon abgesehen, dass er es in Interviews wohl mit der Wahrheit nicht immer so ganz genau nahm, wurden ihm durch einige Passagen in seinem Buch und diverse Interviews auch Rassismus und Sadismus vorgeworfen. Diese eher dunkle Seite des Snipers völlig auszuklammern, hinterlässt einen etwas faden Beigeschmack.
Man könnte nun natürlich argumentieren, dass es Eastwood in erster Linie darum ging zu zeigen, was die Bestie Krieg aus einem Menschen machen kann und welche tiefen Narben er bei den Soldaten hinterlässt. Da spielen die fragwürdigen Aspekte in Kyles Wesen und Leben dann eben auch nur eine untergeordnete Rolle. Dafür aber beschäftigt sich der Film zu wenig mit der Zeit nach den Kampfeinsätzen. Nachdem er knapp zwei Stunden lang die vier Einsätze im Irak und einige sehr dramatische Konfrontationen mit dem Feind ausführlich nachgezeichnet hat, bleibt für die Zeit danach nur wenige Minuten übrig. Was nach traumatischen Erlebnissen mit Veteranen zurück in der Heimat geschieht, wie sie mit den Belastungen umgehen und wie sich Regierung und Gesellschaft um sie kümmern, all das wird zu oberflächlich angeschnitten, um wirklich als zentrale Botschaft des Films angesehen werden zu können. Hätte Eastwood auf ein paar Kriegsszenarien verzichtet und etwas mehr Augenmerk auf die schwierige Zeit danach gelegt, dann hätte das so manch kontroversen Moment in seinem Film garantiert legitimiert.
Dabei versucht der vierfache Oscar-Gewinner ganz offensichtlich, weitgehend auf den für das Genre des Kriegsdramas sonst so üblichen Hau-Drauf-Patriotismus zu verzichten. Bedeutungsschwangere Großaufnahmen der US-Flagge etwa kommen hier nicht zum Einsatz. Erst der Abspann holt mit seinen vom arg konventionellen Pathos-Soundtrack untermalten Archivaufnahmen all das nach, was Eastwood zuvor recht gut vermieden hat. Auch sonst ist der Film aus rein handwerklicher Sicht richtig überzeugend. Der mit dem Oscar prämierte Sound ist dabei ebenso intensiv wie die einen hohen Grad an Realismus ausstrahlende Bildsprache. Und das Spiel von Bradley Cooper ist in den meisten Momenten ebenfalls über jeden Zweifel erhaben. All diese positiven Aspekte zeigen immer wieder, was für ein guter, bewegender Film "American Sniper" eigentlich sein könnte. Doch die völlig unkritische Herangehensweise an die Hauptfigur, die durch die letzten Bilder leider endgültig zu einer glorifizierenden Heldenverehrung ausartet, legt einen zu großen Schatten über die ansonsten wirklich starke Inszenierung. Auch wenn der Film nicht, wie ihm so oft vorgeworfen wird, den Krieg selbst glorifiziert, so wirkt er am Ende leider doch zu undifferenziert und unkritisch, um wirklich überzeugen zu können. Ein guter Stoff für Diskussionen und ein mitreißendes Drama ist Eastwood aber allemal gelungen. Und dafür gibt es dann auch ein: Sehenswert!
Ein Artikel von Sebastian Betzold