Die Frankfurt-Tipp Bewertung: |
Originaltitel: | Zonda: folclore argentino |
Genre: | Musikfilm |
Regie: | Carlos Saura |
Kinostart: | 07.07.2016 |
Produktionsland: | Argentinien/Frankreich/Spanien 2015 |
Laufzeit: | ca. 88 Min. |
FSK: | ab 0 Jahren |
Webseite: | www.facebook.com/concordefilmverleih |
Viele bringen mit Argentinien in erster Linie den Tango in Verbindung. Die enorme Vielfalt der lateinamerikanischen Volkstänze und der Musik sind oft ebenso wenig bekannt, wie auch ihre tiefe Verwurzelung in der Geschichte des Landes. Regisseur Carlos Saura hat es sich mit seinem ungewöhnlichen Musikfilm "Argentinia" zum Ziel gesetzt, den Zuschauer auf eine Reise zurück zu den Ursprüngen der argentinischen Folklore mitzunehmen. Dafür hat er ein Ensemble zusammengestellt, das überlieferte Paartänze und mitreißende Lieder präsentiert. Diese werden in einer an sich reduzierten Bildsprache gezeigt, die von einem perfekt choreographierten Zusammenspiel von Licht und Schatten lebt. Der Ausdruck von Körpern und Stimme, von Bewegung und Musik macht diesen Film zu einer ganz besonderen Performance.
Gleichzeitig ist "Argentinia" auch eine Hommage an zwei ganz große Künstler des Landes: Mercedes Sosa und den indianischen Poeten und Exilmusiker Atahualpa Yupanqui. Wenn Saura Sosas Hymne "Todo Cambia" von einer Gruppe Schüler interpretieren lässt, dann macht er damit eindrucksvoll deutlich, welchen Einfluss Musik generationenübergreifend auf die Gesellschaft haben kann und wie zeitlos die Werke der gehuldigten Künstler sind. Das ist ebenso faszinierend, wie die Reise durch das Land, die an einem Ort aufgezeichnet ist, den Zuschauer aber nur mit Klängen und Bewegungen durch die verschiedenen Regionen Argentiniens und durch ihre kulturelle Geschichte führt.
Gleichzeitig muss auch gesagt werden, dass Zuschauer, die auf dokumentarisch dargebotene Informationen oder malerische Landschaftsaufnahmen hoffen, durchaus enttäuscht sein könnten. Es gibt keine erklärende Stimme aus dem Off, keine Archivaufnahmen (zumindest nicht im klassischen Sinne dargebotene) und auch keine klare Narrative. Alles, was der Zuschauer über Land und Leute erfährt, wird in Film nur durch Liedtexte und Tanzschritte vermittelt. Wer sich nicht darauf einlassen kann, wird irgendwann verzweifelt und gelangweilt nach dem Sinn des Ganzen fragen und sich wundern, was ein solch überlanges folkloristisches Musikvideo im Kino zu suchen hat.
Wem es aber gelingt, die Leidenschaft des Regisseurs für die Musik und die Tänze seines Landes zu teilen und seiner ganz besonderen Bildsprache zu erliegen, dem werden sich garantiert auch die faszinierenden Seiten dieses ganz besonderen Musikfilms eröffnen. "Argentinia" ist sicherlich kein Film für ein Massenpublikum. Sicherlich wird hier eher eine kleine Nische bedient. Das jedoch auf so elegante, lebensfrohe und auch faszinierende Art, dass es dafür auch ein klares "Sehenswert" gibt.
Ein Artikel von Sebastian Betzold