Die Frankfurt-Tipp Bewertung: |
Originaltitel: | Cats |
Genre: | Musikfilm |
Regie: | Tom Hooper |
Kinostart: | 26.12.2019 |
Produktionsland: | USA/Großbritannien 2019 |
Laufzeit: | ca. 110 Min. |
FSK: | ab 0 Jahren |
Webseite: | www.facebook.com/CatsFilm.DE/ |
Ich liebe das Kino. Nicht nur wegen der ganz besonderen Atmosphäre im Kinosaal, sondern wegen der Vielfalt, die sich da immer wieder auf den Leinwänden entfalten kann. Da ist eigentlich immer für Jeden etwas dabei – denn Geschmäcker sind bekanntlich verschieden. Und das ist auch gut so. Als Filmkritiker sehe ich es als meine Aufgabe, auch mal Abstand von meinem ganz persönlichen Empfinden zu nehmen und zu fragen: Bedient dieser Film seine Zielgruppe? Wird er die Menschen, die dafür nicht gerade wenig Geld ausgeben, glücklich machen, gut unterhalten oder auf irgendeine Art inspirieren? Denn schließlich möchte ich als Jemand, der das Kino liebt, dass möglichst viele Menschen auch die Filmtheater besuchen.
So bin ich bei jedem Film darum bemüht, auch etwas Positives zu finden. Das gelingt freilich nicht immer und dann muss dies auch gesagt werden. Warum die lange Vorrede? Ganz einfach: Ich möchte nicht, dass es so aussieht, als würde ich einfach nur auf den Zug derer aufspringen, die an der Musical-Verfilmung "Cats" fast schon genussvoll kein gutes Haar lassen. Denn von vorne bis hinten zerrissen zu werden, dass hat dieser Film nicht verdient – auch wenn er alles andere als gut ist. Alleine Kulissen und Ausstattung sind wirklich toll umgesetzt und bieten einige überzeugende Schauwerte. Und die Besetzung ist – mit einigen Ausnahmen – wirklich beeindruckend. Woran liegt es also, dass "Cats" dennoch nicht so recht funktionieren will?
An der Geschichte kann es nicht liegen. Denn dass der Film keine Handlung im klassischen Sinn haben würde, dürfte nun wirklich Niemanden überraschen. Denn die fehlte ja auch schon bei der Musical-Vorlage. Lose basierend auf dem Buch "Old Possum's Book of Practical Cats" von T.S. Eliot erzählt "Cats" von einer Horde Katzen, den Jellicle Cats, die sich einmal im Jahr zum Jellicle Ball treffen, an dessen Ende eine der Katzen auserwählt wird, um wiedergeboren zu werden. Die junge Straßenkatze Victoria wird zum ersten Mal Zeuge dieses Ereignisses. Der Zuschauer begleitet sie dabei, wie ihr die Katzen vorgestellt werden, die am Ende die Auserwählte sein könnte.
Ja, viel mehr gibt es zur Handlung nicht zu sagen. Dieses rudimentäre Gerüst zu kritisieren, ist genauso sinnfrei, wie an den Songs herumzumeckern. Denn die sind nun mal Geschmackssache. Aber leider gibt es einige Aspekte dieser Verfilmung, an denen sich nur wenig schön reden lässt. Allen voran das Design der Katzen, das trotz mehrfacher Überarbeitung nach extremer Kritik an den Trailern einfach gruselig aussieht. Zudem sind die Proportionen scheinbar völlig beliebig umgesetzt: mal wirken die Katzen viel zu groß für ihre Umgebung, dann wieder viel zu klein. Das wirkt visuell einfach zu unstimmig, um funktionieren zu können.
Dann wären da noch die schauspielerischen Leistungen. Die einen spielen schwach, die anderen zu bemüht. Rebel Wilson etwa spielt auch als Katze exakt die Rolle, die sie in jedem anderen Film auch spielt. Das ist nicht mehr witzig, sondern einfach nur noch peinlich. Und Newcomerin Francesca Hayward mag eine tolle Balletttänzerin sein, ihr schauspielerisches Können allerdings beschränkt sich auf einen Gesichtsausdruck, der schon nach wenigen Augenblicken einfach nur nervt. Auf der anderen Seite sind an sich tolle Darsteller wie Ian McKellen, deren Spiel aber spätestens dann albern wirkt, wenn sie fauchen oder miauen müssen. Und wenn Jennifer Hudson mit einer "Gebt-mir-den-Oscar"-Intensität "Memories" singt, wobei ihr vor lauter Inbrunst sogar der Rotz aus der Nase läuft, wirkt das leider angesichts des Katzendesigns beinahe schon lächerlich.
Insgesamt wirkt "Cats" so, als wäre er in dieser Form nur entstanden, weil das jetzt technisch möglich ist, nicht aber, weil da wirklich eine künstlerische Vision dahinter steckt. Das animierte Katzenfell mag großartig animiert sein, doch nur weil man das machen kann, muss man es nicht gleich machen. Trotzdem: Von den Musical-Verfilmungen, die 2019 ins Kino gekommen sind, ist "Cats" nicht die schlechteste. Ich finde "Ich war noch niemals in New York" aus einem einfachen Grund noch schlechter: In diesem Fall wurde sich soweit von der Bühnenversion entfernt, dass alles, was das Musical eigentlich so gelungen gemacht hat, völlig verschwunden ist. "Cats" dagegen hält sich sehr nah an der erfolgreichen Vorlage und versucht, diese noch größer und bildgewaltiger darzustellen. Damit ist der Film immerhin für ganz große Fans des Musicals durchaus sehenswert. Wer die Bühnenversion nicht kennt oder mit Musicals ohnehin nicht ganz soviel anfangen kann (oder wer wie ich keine als Tiere verkleidete bzw. animierte Menschen mag), der sollte diesem Film lieber fern bleiben!
Noch eine Info zur deutschen Fassung: Hier wurden nicht nur die (wenigen) Dialoge, sondern auch die Songs synchronisiert, was man leider besonders deutlich sieht. Wer Stars wie Taylor Swift oder Jason Derulo nicht nur (als Katzen) sehen, sondern auch hören möchte, der kommt an der englischen Originalfassung nicht vorbei!
Ein Artikel von Sebastian Betzold