Die Frankfurt-Tipp Bewertung: |
Genre: | Tragikomödie, Komödie |
Regie: | Florian Cossen |
Kinostart: | 13.08.2015 |
Produktionsland: | Deutschland/Kanada 2015 |
Laufzeit: | ca. 100 Min. |
FSK: | ab 12 Jahren |
Webseite: | www.coconuthero.de/ |
Der 16jährige Mike Tyson (Alex Ozerov) hat das Leben satt: seinen Vater (Sebastian Schipper) kennt er nicht, sein Mutter Cynthia (Krista Bridges) ist die Weltmeisterin im Dauernörgeln und in der Schule wird der schmächtige Einzelgänger ständig wegen seines Namens gehänselt. Und jetzt das noch: da hat er seinen Abgang von dieser Welt sorgfältig geplant, hat sogar seinen eigenen Nachruf verfasst, bevor er sich in den Kopf geschossen hat und dann wacht er nicht etwa im Himmel, sondern quicklebendig im Krankenhaus auf. Jetzt hilft nur noch eins: Mike muss sich direkt an Gott wenden, an den er eigentlich nicht glaubt. Doch der scheint ihn zu erhören, denn schon wird bei dem Jungen ein Hirntumor diagnostiziert, der zum Tod führt, wenn er nicht behandelt wird. Mike ist unendlich glücklich und beschließt, dieses Untersuchungsergebnis vor seiner Mutter geheim zu halten. Doch dann das: das baldige Ende vor Augen beginnt sich Mikes Sicht auf seine Umwelt zu verändern. Als er dann auch noch die bezaubernde Miranda (Bea Santos) kennen lernt, empfindet er zum ersten Mal so etwas wie echtes Glück. Doch ist es dafür nicht längst schon zu spät…?
Mit "Coconut Hero" setzen Regisseur Florian Cossen und Drehbuchautorin Elena von Saucken nach dem preisgekrönten Drama "Das Lied in mir" die Zusammenarbeit fort. Gedreht wurde die ungewöhnliche Coming-of-Age Komödie in Kanada, weshalb der Film auch mehr wie eine amerikanische Indie-Komödie und nicht wie eine typisch deutsche Produktion wirkt. Auch wenn es im deutschen Film in den letzten Jahren einige wirklich innovative und tolle Überraschungen gab, ist die Aussage der Film wirke nicht typisch deutsch leider immer noch als Kompliment zu verstehen. Trotz vieler schwerer Themen verfügt die Inszenierung über eine Leichtigkeit und einen mitunter sehr schrägen Humor, wie man es beim deutschen Film leider noch immer viel zu selten findet. Schon alleine das macht "Coconut Hero" absolut gelungen.
Ohne zu sehr von politischer Korrektheit eingeengt zu sein, setzt sich der Film mit Themen wie Suizid, Mobbing, zerrütteten Familien und dem Streben im Allgemeinen auseinander. Und das machen Cossen und von Saucken auf wirklich erfrischend unangepasste Art und Weise. Wenn Mike etwa von seinem Arzt erfährt, dass er einen Hirntumor hat, dann bricht für ihn nicht etwa eine Welt zusammen und der Film driftet in eine triste Bildsprache ab. Nein, sein Nachhauseweg wird zu einer fröhlichen Musicalnummer, die so gar nicht zu der todbringenden Diagnose passen will. Auch Mikes Unterhaltungen mit dem örtlichen Priester, der die Fragen des lebensmüden Teenagers völlig falsch versteht, sind ebenso amüsant wie Mikes besuche bei einem Bestatter, der etwas zu sehr in seinem Beruf aufgeht und in dem Jungen endlich einmal eine verwandte Seele gefunden zu haben scheint.
Doch der Film hat auch seine leisen und ernsthaften Momente. Mikes Auseinandersetzungen mit seinem ihm völlig unbekannten Vater – gespielt von "Victoria"-Regisseur Sebastian Schipper – sind mitunter sehr emotionale Szenen. Und auch bei der sich anbahnenden Beziehung zwischen dem verschlossenen Einzelgänger und der lebensfrohen Miranda beweisen Drehbuch und Inszenierung das nötige Feingefühl. Die überzeugenden Leistungen der Darsteller und die atmosphärische Bildsprache unterstützen diesen Eindruck zusätzlich.
Im letzten Akt nimmt die Geschichte allerdings eine etwas drastische Wendung, durch die der locker-humorvolle Ton auch mit einem Schlag durch schwerstes Drama ersetzt wird. Zwar versucht der Film am Ende wieder zu der Leichtigkeit zurückzufinden. Doch will ihm das nicht wirklich gelingen. Die Wendung ist sehr emotional und auch in gewisser Weise durchaus effektiv. Doch leider wirkt sie auch ein wenig plakativ und man kann sich des Gefühls nicht erwehren, dass es doch sicherlich einen weniger drastischen Weg hätte geben müssen, um die zugegebenermaßen positive Botschaft der Geschichte zu vermitteln.
Doch auch wenn sich am letzten Akt die Geister scheiden werden und ein klein wenig Traurigkeit aufkommt, so ist "Coconut Hero" doch insgesamt auf seine ganz eigene Art ein wunderbarer Wohlfühlfilm, der es verdient hätte, mehr als nur ein kleiner Geheimtipp zu sein. Und deshalb gibt es von mir auch ein klares: Absolut sehenswert!
Ein Artikel von Sebastian Betzold