Die Frankfurt-Tipp Bewertung: |
Originaltitel: | Le petit Locataire |
Genre: | Komödie |
Regie: | Nadège Loiseau |
Kinostart: | 20.07.2017 |
Produktionsland: | Frankreich 2016 |
Laufzeit: | ca. 104 Min |
FSK: | ab 6 Jahren |
Webseite: | www.familie-payan.de |
Schlimm genug, dass Nicole (Karin Viard) von ihrer Familie ständig an den Rand des Nervenzusammenbruchs gebracht wird. Ihr arbeitsloser Ehemann Jean-Pierre (Philippe Rebbot) ist nicht gerade ein Musterbeispiel an Zuverlässigkeit, ihre erwachsene Tochter Arielle (Manon Kneusé) verhält sich immer noch, wie ein Teenager und wälzt die Verantwortung für ihre Tochter Zoe (Stella Fenouillet) gerne auf Nicole ab. Und deren Mutter (Hélène Vincent) benötigt auch immer mehr Pflege, was meist auch an Nicole hängenbleibt. Und jetzt spielt auch noch ihr Körper verrückt. Wahrscheinlich die Wechseljahre – mit 49 eigentlich ganz normal. Doch dann eröffnet der Arzt ihr eine völlig unerwartete Neuigkeit: Nicole ist schwanger! Doch ist für ein weiteres Familienmitglied überhaupt noch Platz in ihrem ohnehin schon so chaotischen Leben? Nicole muss diese Nachricht nicht nur verdauen, sondern auch eine schwierige Entscheidung treffen – eine Entscheidung, in die ihr plötzlich Jeder reinzureden versucht…
Mit ihrem Spielfilmdebüt "Das unerwartete Glück der Familie Payan" hat Regisseurin und Drehbuchautorin Nadège Loiseau ein merkwürdiges Konglomerat aus überdrehter Klamotte, Sozialdrama und leichter Familienkomödie inszeniert. Die Idee, die sie bereits 2012 als Kurzfilm realisiert hat, ist wirklich nett und steckt voller guter Ansätze. Es ist ihr auch anzurechnen, dass sie versucht hat, ihrer Komödie ein paar ernste Seiten abzugewinnen, in der sie wirklich relevante Fragen stellt. Was ihr allerdings nicht gelungen ist, ist einen stimmigen Ton zu finden, der die einzelnen Handlungselemente und Stimmungsfarben zusammenfügt.
So ist das Ganze mal laut, schrill und extrem anstrengend, dann plötzlich wieder ruhig und nachdenklich, um sich dann kurze Zeit später wieder sehr überzogenen Humors zu bedienen. Das Problem dabei ist, dass es kaum wirklich sympathische Charaktere gibt, die dieses Manko auffangen könnten. Jean-Pierre ist zwar irgendwie liebenswert, aber derart verpeilt und antriebslos, dass es schwerfällt, ihn wirklich zu mögen. Tochter Arielle ist einfach unreif und egoistisch und als Mutter eine komplette Versagerin. Selbst Nicoles Mutter ist längst nicht so sympathisch, wie sie es eigentlich sein könnte. Wie in der Geschichte hängt auch beim Film selbst alles an Nicole, souverän gespielt von Karin Viard. Aber auch sie schafft es nicht, gegen die offensichtlichen Schwächen der Inszenierung und des Drehbuchs anspielen zu können.
Es gibt Augenblicke, da funktioniert der Film recht gut. Dann schafft er es nicht nur, solide Unterhaltung zu bieten, sondern auch auf sehr angenehme Art sein Publikum zu amüsieren. Doch solche Momente sind in den knapp über 100 Minuten Laufzeit leider viel zu selten. Meistens ist man von den Figuren und ihrem Handeln einfach nur genervt und ist von dem unentschlossenen hin und her driften zwischen Komödie und Drama einfach nur irritiert. Und deshalb kann "Das unerwartete Glück der Familie Payan" wirklich nicht als Glücksfall fürs Kino angesehen werden. Nur bedingt sehenswert!
Ein Artikel von Sebastian Betzold