Die Frankfurt-Tipp Bewertung: |
Originaltitel: | Richard Jewell |
Genre: | Drama |
Regie: | Clint Eastwood |
Kinostart: | 25.06.2020 |
Produktionsland: | USA 2020 |
Laufzeit: | ca. 129 Min. |
FSK: | ab 12 Jahren |
Webseite: | www.facebook.com/WarnerBrosSpotlight |
1996: Richard Jewell (Paul Walter Hauser) wäre gerne ein echter Cop. Doch seine etwas einfältige Art steht ihm dabei immer wieder im Weg. Doch auch als Wachmann fühlt sich Jewell wie ein echter Gesetzeshüter. Und so achtet er während einer Feier im Rahmen der Olympischen Spiele in Atlanta auch akribisch darauf, dass die Regeln eingehalten werden. Tatsächlich ist es dann aber seine übertrieben scheinende Aufmerksamkeit, die unzählige Leben rettet. Denn als Jewell einen verdächtigen Rucksack entdeckt, entpuppt sich als Bombe. Der unscheinbare Wachmann wird daraufhin zum Helden – bis er nur wenige Tage später selbst ins Fadenkreuz der Ermittlungen gerät. Für die Presse ist das ein gefundenes Fressen, denn Jewell passt viel besser ins Bild eines verwirrten Bombenlegers, als in das eines strahlenden Helden. Verzweifelt sucht er Hilfe bei dem Anti-Establishment-Anwalt Watson Bryant (Sam Rockwell) – doch ist er stark und clever genug, um Jewells Namen gegen die Anschuldigungen von FBI, Polizei und Presse reinzuwaschen?
Mit "Der Fall Richard Jewell" inszeniert Clint Eastwood einmal mehr eine Geschichte, die auf wahren Ereignissen beruht. Der 2007 verstorbene Wachmann Richard Jewell wurde verdächtigt, für den Bombenanschlag im Centennial Olympic Park von Atlanta verantwortlich zu sein, der wahrscheinlich aufgrund von Jewells Eingreifen nur zwei Menschenleben forderte. Das Drama zeigt sehr eindringlich, wie Jewell gerade durch die Vorverurteilung durch die Presse, die ihn nicht als strahlenden Helden verkaufen wollte, als Terrorist stigmatisiert wurde. Seine Art und sein Auftreten passten perfekt in dieses Bild, weshalb sich gerade die Boulevardpresse regelrecht auf ihn stürzt, um ihn zu zerfleischen.
Paul Walter Hauser spielt die Rolle des gutmütigen, aber auch etwas einfältigen Richard Jewell wirklich großartig. Man merkt einerseits, dass er das Herz am rechten Fleck hat, versteht aber andererseits auch, warum ihn Außenstehende als merkwürdig oder vielleicht auch als ein wenig anstrengend empfunden haben. Kathy Bates ist großartig als Richards führsorgliche Mutter – kein Wunder, dass es dafür eine Oscar-Nominierung gab. Heimlicher Star des Films aber ist Sam Rockwell, der jede Minute, die er als schrulliger Anwalt zu sehen ist, zu einem Hochgenuss macht. Lob gebührt ebenfalls Olivia Wilde, die ihre sehr undankbare Rolle als skrupellose Reporterin, die bereit ist, den Ruf eines Menschen für eine gute Schlagzeile zu opfern, bravourös meistert.
Mit einer Laufzeit von über zwei Stunden ist "Der Fall Richard Jewell" an einigen Stellen etwas zäh geraten. Trotzdem hat der mittlerweile 90jährige Clint Eastwood ein starkes Drama inszeniert, das mit einer aufwühlenden Geschichte, einem tollen Ensemble und ein paar extrem mitreißenden Momenten punkten kann. Kein ganz großes Meisterwerk, aber ein sehr guter Film, der ein "absolut sehenswert" mehr als verdient hat.
Ein Artikel von Sebastian Betzold