Der geheime Garten

Nach dem Tod ihrer Eltern wird die zehnjährige Mary Lennox (Dixie Egerickx) von Indien zu ihrem Onkel Archibald (Colin Firth) auf dessen Landgut in den Yorkshire Moors gebracht. Hier ist sie völlig auf sich allein gestellt, denn weder ihr komplett zurückgezogen lebender Onkel, noch dessen Haushälterin (Julie Walters) zeigen Interesse an dem Mädchen. Und so erkundet sie auf eigene Faust ihr neues Zuhause und stößt dabei auf einen Garten, den schon seit vielen Jahren kein Mensch mehr betreten hat. Als sie ihren kränklichen Cousin Colin (Edan Hayhurst) kennenlernt, möchte sie diesen magischen Ort mit ihm teilen. Mit Hilfe ihres neuen Freundes Dickon (Amir Wilson) möchte sie Colin in den Garten bringen – an einen Ort, der ihr aller Leben für immer verändern wird… 

Der Roman "Der geheime Garten" wurde schon mehrfach adaptiert, darunter zahlreiche Theaterstücke, ein Broadway-Musical, vier Fernsehserien und vier Filme. Frances Hodgson Burnetts Klassiker, der die kindliche Fantasie feiert, gehört neben "Der kleine Lord" zu den beliebtesten Werken der britischen Schriftstellerin, das auch noch nach über 100 Jahren noch eine große Faszination auf die Leser ausübt. 27 Jahre nach der letzten Kinoadaption kommt nun also eine weitere Verfilmung auf die große Leinwand, in der die Geschichte etwas später angesetzt ist, sich ansonsten aber durchaus bemüht ist, den Geist der Buchvorlage einzufangen. Damit soll die Geschichte einer ganz neuen Generation von Kindern zugänglich gemacht werden. 

Das Problem dürfte aber sein, dass es schwierig ist, die richtige Zielgruppe zu definieren. Für kleine Kinder ist der Film nicht wirklich geeignet, da er gerade zu Beginn sehr düster ist und auch vom langsamen Erzähltempo nicht wirklich dem entspricht, was Kinder heute gewohnt sind. Auf der anderen Seite ist er für Jugendliche etwas zu altbacken inszeniert, so dass es nur eine sehr kleine Schnittmenge gibt, die sich in der Geschichte wiederfinden können. Insgesamt entsteht der Eindruck, dass dieser "geheime Garten" eher für Erwachsene gemacht ist, die sich gerne daran erinnern, welche Kraft Fantasie in ihrer eigenen Kindheit haben konnte. Doch nur wenige ältere Kinogänger lösen sich tatsächlich Tickets für Filme, in denen Kinder die Hauptrolle spielen. Es ist daher wirklich schwierig zu sagen, wem diese Literaturverfilmung empfohlen werden kann. 

Das ist schade, denn abgesehen davon, dass es einem sehr schwer gemacht wird, sich mit der Hauptfigur anzufreunden, überzeugt Marc Mundens Film mit einer liebevollen Ausstattung, tollen Effekten und starken Darstellern. Sowohl die erfahrenen Schauspieler wie Colin Firth oder Julie Walters, als auch die jungen Newcomer liefern sehr starke Leistungen ab. Doch am Ende gelingt es dem Film einfach nicht die Kraft zu entfalten, die das Buch auszeichnet. Übrig bleibt ein nettes, bildgewaltiges Drama, das aber zu viel von der Fantasie vermissen lässt, die in der Geschichte eigentlich zelebriert wird. Dafür gibt es unterm Strich ein noch ordentliches: Mit leichten Abstrichen sehenswert!

Ein Artikel von Sebastian Betzold