Die Frankfurt-Tipp Bewertung: |
Genre: | Drama |
Regie: | Nikolaus Leytner |
Kinostart: | 01.11.2018 |
Produktionsland: | Deutschland/Österreich 2018 |
Laufzeit: | ca. 113 Min. |
FSK: | ab 12 Jahren |
Webseite: | www.DerTraffikant.de |
Wien im Jahr 1937: Der 17jährige Franz (Simon Morzé) wird von seiner Mutter aus dem kleinen Dorf Attersee in die große Stadt geschickt, um beim Trafikanten Otto Trsnjek (Johannes Krisch) zu arbeiten. In dem kleinen Tabakladen soll der Junge lernen, auf die Wünsche der Kunden einzugehen, damit gerade die Stammkunden zufrieden das Geschäft verlassen. Zu denen gehört auch der weltbekannte Psychoanalytiker Sigmund Freud (Bruno Ganz), mit dem sich Franz schnell anfreundet. Besonders als sich der Junge in die Varietétänzerin Anezka (Emma Drogunova) verliebt, hofft er auf den Rat Freuds. Doch der kann ihm nicht wirklich helfen und so muss Franz auf eigene Faust um seine Liebe kämpfen, während die Stadt vom Einmarsch Hitlers Truppen erschüttert wird…
Mit der Verfilmung von Robert Seethalers Roman "Der Trafikant" hat Regisseur Nikolaus Leytner eine schöne, wenngleich auch stellenweise etwas zähe Coming-of-Age Story inszeniert. Positiv erwähnt werden müssen hier neben den Darstellern auf jeden Fall auch die Ausstattung und die Kameraarbeit. Gerade die Bildsprache des Films ist immer wieder von besonderer Kraft, was immer dann noch intensiviert wird, wenn Traumsequenzen zum Einsatz kommen. Diese sind visuell gesehen die stärksten Momente des Films. Die Geschichte selbst ist bewegend und wird mal sehr nachdenklich, dann wieder mit hintersinnigem Humor erzählt. Was Leytner aber gekonnt vermeidet, ist zu dick aufzutragen und in Muster zu verfallen, die man als Zuschauer bei einigen Aspekten dieser Thematik durchaus hätte erwarten dürfen.
Dass der Film nicht sentimental wird bedeutet aber nicht, dass er nicht berührt, traurig und wütend macht und gleichzeitig auch mit Hoffnung diesen negativen Gefühlen entgegensteuert. Dass schafft Leytner auf angenehm unaufgeregte Art, was einige Längen, die auch daraus resultieren mögen, durchaus verzeihbar machen. Besonders gefallen die Gespräche zwischen Franz und Freud, der routiniert und charmant von Bruno Ganz verkörpert wird. Franz hat großen Respekt vor dem großen Denker, doch gehen dessen Ratschläge mit dem, was er in Wien erlebt, nicht immer konform. Er muss sich in kürzester Zeit von seiner jugendlichen Naivität befreien und erwachsen werden, um in der sich viel zu schnell veränderten Welt behaupten zu können. Das geht weit über seine Liebe zu Anezka hinaus, was die Entwicklung dieser Figur natürlich enorm spannend macht – nicht nur für einen Psychoanalytiker wie Sigmund Freud, sondern auch für den Kinozuschauer.
"Der Trafikant" schöpft vielleicht nicht sein gesamtes Potential aus. Doch am Ende überwiegen ganz klar die Stärken über die paar Schwächen. Kein ganz großer, aber leider durchaus aktueller und wichtiger, dabei aber durchaus auch unterhaltsamer Film. Und das ist dann auch ganz eindeutig noch: Sehenswert!
Ein Artikel von Sebastian Betzold