Die Frankfurt-Tipp Bewertung: |
Originaltitel: | Miss Sloane |
Genre: | Drama |
Regie: | John Madden |
Kinostart: | 06.07.2017 |
Produktionsland: | USA 2016 |
Laufzeit: | ca. 135 Min. |
FSK: | ab 12 Jahren |
Webseite: | www.die-erfindung-der-wahrheit-film. |
Elizabeth Sloane (Jessica Chastain) ist eine der besten und gefürchtetsten Lobbyistinnen in Washington. Ihr eiserner Wille und ihre Rücksichtslosigkeit machen sie zum Star der Branche. Kein Wunder, dass die mächtige Waffenlobby sie dafür auserkoren hat, dabei zu helfen, ein neues unliebsames Waffengesetzt zu verhindern. Eigentlich eine leichte Aufgabe für Miss Sloane. Doch ausgerechnet jetzt wechselt sie die Seiten und stellt sich gegen ihre Kanzlei und gegen die Waffenlobby. Da sie sich beweisen will, dass sie auch diesen schier ausweglosen Kampf gewinnen kann, wird sie für ihre ehemaligen Arbeitgeber zur gefährlichen Gegnerin – eine Gegnerin, die um jeden Preis mundtot gemacht und politisch vernichtet werden muss.
"Die Erfindung der Wahrheit" wirft einen Blick in die für Viele unbekannte Welt der Lobbyarbeit. Das wird in erster Linie von politischen Strategien und langen Dialogen bestimmt. Klingt trocken und langweilig? Doch genau das Gegenteil ist der Fall. Regisseur John Madden ("Shakespeare in Love", "Best Exotic Marigold Hotel") hat ein äußerst intelligentes Politdrama geschaffen, das bis zur letzten Sekunde fesselt und äußerst spannende Unterhaltung bietet. Das liegt zum einen an dem großartigen Drehbuch des gelernten Anwalts Jonathan Perera, das mit intelligenten Dialogen und cleveren Wendungen begeistern kann. Bei der Komplexität der Geschichte und ihrer Ausarbeitung mag man eigentlich gar nicht glauben, dass Perera zuvor noch nie ein Drehbuch geschrieben hat. Ihm ist es gelungen, ein schwieriges Thema gut verständlich zu vermitteln, mit etwas trockenem Humor anzureichern und in eine spannungsgeladene Geschichte einzubauen. Respekt dafür.
Dieser gilt aber auch Hauptdarstellerin Jessica Chastain, die als skrupellose Lobbyistin eine echte Glanzleistung abliefert. Wie Elizabeth Sloane versucht, in jeder Situation Stärke zu beweisen, auch wenn sie persönlich angegriffen wird oder körperlich ausgepowert ist, spielt Chastain einfach großartig. Sie agiert inmitten eines erstklassigen Ensembles, das sich gerade bei den perfekt choreografierten Wortgefechten gekonnt die Bälle zuspielt. Alleine auf schauspielerischer Ebene ist der Film ein echter Hochgenuss. Da vergehen die mehr als zwei Stunden wirklich wie im Flug, ohne dass auch nur eine Sekunde lang so etwas wie Langeweile aufkommen könnte.
"Die Erfindung der Wahrheit" ist einer dieser Filme, denen man ein möglichst großes Publikum wünscht, bei dem man aber auch weiß, dass er es leider verdammt schwer haben wird, dies erreichen zu können. Denn wenn die Zuschauer die Wahl zwischen einem bunten Animationsfilm oder einem krachenden Actionspektakel und einem intelligenten, nur von Dialogen getragenen Thriller über Lobbyarbeit in Washington haben, entscheiden sich wohl die wenigsten für Letzteres – auch wenn das die qualitativ beste Wahl wäre, die nicht nur Futter fürs Auge, sondern auch fürs Hirn bietet. Wer also anspruchsvolle Unterhaltung par excellence sucht und keine Verfolgungsjagden braucht, um vor Spannung in den Kinosessel gedrückt zu werden, der sollte sich diesen Film auf keinen Fall entgehen lassen. Absolut sehenswert!
Ein Artikel von Sebastian Betzold