Die Frankfurt-Tipp Bewertung: |
Genre: | Komödie, Drama |
Regie: | Markus Sehr |
Kinostart: | 03.09.2015 |
Produktionsland: | Deutschland 2015 |
Laufzeit: | ca. 91 Min |
FSK: | ab 12 Jahren |
Webseite: | www.movienetfilm.de |
Bewährungshelfer Benno (Christoph Maria Herbst) hat seinen Job satt: ständig wird er belogen, beklaut und benutzt. Das Gefühl, etwas zu bewirken oder zu helfen hat er schon lange nicht mehr. Und dann wird seinem Sorgenkind Hotte (Peter Kurth) auch noch das Sorgerecht für dessen Kinder Dennis (Jasper Smets) und Jenny (Emma Bading) zugesprochen. Eine absolute Katastrophe, ist Hotte doch nur am Kindergeld und nicht an der Erziehung seines Nachwuchses interessiert. Doch dann beginnt der Gauner, tatsächlich ein wenig Gefallen am Familienleben zu entwickeln. Doch ein tragisches Unglück, eine lukrative Verlockung und der engagierte Benno machen es Hotte unmöglich, tatsächlich ein besserer Mensch zu werden…
"Die Kleinen und die Bösen" ist der neue Film von Regisseur Markus Sehr, der schon mit der Kurt Krömer Komödie "Eine Insel namens Udo" ein gutes Händchen für ungewöhnliche Stoffe bewiesen hat. Und so überrascht es dann auch nicht wirklich, dass sich sein neuer Film nur schwer in eine klare Schublade stecken lässt. Er ist lustig, aber keine pure Komödie. Er hat ruhige, fast schon sozialkritisch-düstere Momente, ist aber alles andere als ein Drama. Und es gibt sogar leichte Thriller-Elemente, die aber am Ende auch wieder zu überzeichnet sind, um wirkliche Spannung zu bieten. Vielmehr ist der Film ein bunter Mix verschiedener Stilelemente, durch den er einen ganz eigenen Charakter erhält. Das ist seine große Stärke, gleichzeitig aber auch seine herausstechende Schwäche.
Denn es wird dem Zuschauer nicht gerade leicht gemacht, sich mit der sehr speziellen Atmosphäre der Inszenierung anzufreunden. Soll man hier jetzt lachen oder doch erschüttert sein? Und darf auf herrlich grotesken Humor eine wirklich düstere dramaturgische Wendung folgen? Die Mischung aus Humor, Sozialdrama und Romanze könnte dann auch für einige Zuschauer etwas unentschlossen wirken. Doch wer sich auf die unangepasste Inszenierung einlassen kann, der wird erkennen, dass Markus sehr ganz genau weiß, was er tut und dass gerade das Nicht-Entsprechen der Erwartungshaltungen der Zuschauer den besonderen Reiz von "Die Kleinen und die Bösen" ausmacht.
Das beginnt schon bei der Rolle von Christoph Maria Herbst, die einmal nicht nur eine weitere "Stromberg"-Variante ist. Keine Frage, als zynisches Ekel ist Herbst großartig wie kein Zweiter in Deutschland. Doch es ist einfach unerwartet erfrischend, mal eine etwas andere Seite von ihm sehen zu dürfen, die äußerst sympathisch und dennoch auch amüsant ist. Peter Kurth ist als Hotte da das perfekte Gegenstück: er ist laut, ein Prolet, wie er im Buche steht und ein nicht gerade angenehmer Zeitgenosse. Und dennoch darf man über seine dreisten Kapriolen mitunter herzhaft lachen. Diese Figur scheint dann eine deutliche Wandlung durchzumachen – aber auch hier hält Sehr noch einige Überraschungen für sein Publikum parat, bis es zum turbulenten Finale kommt.
Das ist allerdings nicht ganz so bissig und konsequent ausgefallen, wie der Rest des Films. Doch auch wenn gerade die letzten Minuten auf konventionelles TV-Film-Niveau abfallen, ist der Rest von "Die Kleinen und die Bösen" eine wirklich unterhaltsame und überraschende Dramöde, die in ihren besten Momenten sogar echten Kultcharakter aufweist. Wer es gerne etwas schräg und ungewöhnlich mag, der ist hier genau richtig. Sehenswert!
Ein Artikel von Sebastian Betzold