Fack Ju Göhte

Der Bildungsnotstand in Deutschland nimmt immer schlimmere Ausmaße an. Für Schüler und viele Lehrer ist das eine Katastrophe. Für den Ex-Knacki Zeki Müller (Elyas M`Barek) dagegen ist es ein Segen. Denn als er frisch aus dem Gefängnis entlassen feststellen muss, dass an dem Ort, an dem seine Freundin, die Stripperin Charlie (Jana Pallaske), die Beute seines letzten Raubzuges vergraben hat, eine Turnhalle erbaut wurde, bleibt ihm nur eine Wahl: er muss an der dazugehörigen Schule als Aushilfslehrer anfangen, um so Zugang zum Keller zu erhalten. Nur von dort aus kann er sich zu seinem Geld durchgraben. Sein Glück, dass sich gerade eine verzweifelte Lehrerin (Uschi Glas) aus dem Fenster in die rettende Reha gestürzt hat und Rektorin Gerster (Katja Riemann) händeringend Ersatz sucht. Dass er sich heimlich die Zeugnisse der überkorrekten Referendarin Lisi (Karoline Herfurth) kopiert hat, fällt der gestressten Rektorin auch nicht weiter auf. Und so steht Zekis Plan eigentlich nichts mehr im Weg. Zu dumm nur, dass er ausgerechnet der 10b, der schlimmsten Chaosklasse überhaupt zugeteilt wird und ihm die Kids mächtig auf die Nerven gehen. Und dann sind da noch diese störenden Gefühle, die er für Mauerblümchen Lisi zu entwickeln scheint. Aber Zeki hat es ja schon immer gewusst: Schule ist einfach nur doof…

Mit "Fack Ju Göhte" beweist Bora Dagtekin nach "Türkisch für Anfänger" erneut sein Gespür für treffsicheren Wortwitz und hemmungslosen Slapstick, gewürzt mit einer Prise subversiven Humor, bewiesen. Während es einige Szenen gibt, die einfach nur albern wirken (dabei aber trotzdem irgendwie Spaß machen), trifft Dagtekin in anderen Szenen perfekt den Nerv der Zeit, so dass es beinahe schon schmerzt. Bestes Beispiel dafür ist der Fenstersturz von Frau Leimbach-Knorr, gespielt von einer wirklich komischen Uschi Glas, den die Schüler damit kommentieren, dass sie alle ihre Handys zücken, um die am Boden liegende Frau zu filmen. Dagtekin schafft es, diese an sich eher unschöne Szene mit sehr bissigem, fast schon satirischen Witz zu inszenieren, was insofern wichtig ist, da es sich hierbei um eine der wohl leider am wenigsten überzogenen Momente des Films handelt – und das wäre ja an sich eher ein Grund zum Weinen, als zum Lachen.

Aber genau hier liegt die eigentliche Stärke von "Fack Ju Göhte" begründet. So albern und überdreht sich die Komödie auch präsentiert, Bora Dagtekin schafft es immer wieder, den Ton zu ändern, wenn es die Geschichte verlangt. Da kann es dann auch schon mal etwas gefühlvoller oder auch mal etwas bissiger und tiefgründiger werden. Sicherlich, es gibt trotzdem noch etliche Gags, die nicht ins Schwarze treffen und einige kleine Handlungselemente, die nicht so recht funktionieren wollen. Doch insgesamt hat Dagtekin eine Komödie geschaffen, deren Spaßfaktor deutlich über die kleineren Schwächen dominieren kann.

Das liegt allerdings auch an dem sichtlich gut gelaunten Cast, angeführt von einem wunderbar bulligen Elyas M`Barek und einer bezaubernden Karoline Herfurth, die hier endlich einmal wieder ihr komödiantisches Potential mit sehr viel Mut zum Slapstick ausspielen darf. Aber auch Nebendarsteller wie Jana Pallaske als Stripperin mit einem großen Herz aus Silikon, Max von der Groeben als Möchtegern-Checker oder Jella Haase als Proll-Chantal mit ungeahntem Intelligenzpotential sorgen dafür, dass diese Pennäler-Comedy ein ganz großer Spaß geworden ist.

Gerade Chantal versinnbildlicht perfekt das, was "Fack Ju Göhte" eigentlich ist. Denn auch, wenn der Film an der Oberfläche mitunter etwas tiefergelegt zu sein scheint und sich so manche unnötige Zote nicht verkneifen kann, so ist die Komödie bei genauerem Hinsehen sehr viel cleverer und tiefgründiger, als man zunächst glauben mag. Doch ganz gleich, ob platter Gag oder hintergründiger Witz, "Fack Ju Göhte" ist besonders eines: ein ganz großer Kinospaß für Alle, die schon den "Türkisch für Anfänger"-Film mochten. Dafür gibt es gleich einen Lob ins Klassenbuch mit dem Vermerk "Sehenswert"!

Ein Artikel von Sebastian Betzold