Originaltitel: | War Horse |
Genre: | Drama, Kriegsfilm, Abenteuer |
Regie: | Steven Spielberg |
Kinostart: | 16.02.2012 |
Produktionsland: | USA 2011 |
Laufzeit: | ca. 146 Min. |
FSK: | ab 12 Jahren |
Webseite: | www.gefaehrten-derfilm.de |
Steven Spielberg hat sich immer wieder erfolgreich zwischen Kunst und Kommerz und zwischen Anspruch und Unterhaltung bewegt. Kaum ein anderer Regisseur versteht es große Gefühlsmomente zu inszenieren, die bei anderen Filmemacher wahrscheinlich zu triefenden Kitsch verkommen würden, bei Spielberg aber einfach nur Emotion pur sind. Man denke da nur an das Ende von "E.T.", das an sich ganz fieser Kitsch ist, aber durch Spielbergs Gespür für eben solche Szenen perfekt funktioniert und zu einem der ganz großen Momente der Kinogeschichte geworden ist. Und genau dieses Gespür ist es dann auch, dass gewährleistet, dass Spielbergs neuestes Werk "Gefährten" trotz jeder Menge Kitsch und Pathos und einer etwas überfrachteten Story noch ganz wunderbar funktioniert.
Basierend auf dem Roman "Schicksalsgefährten" von Michael Morpurgo und dem auf dieser Grundlage entstandenen Bühnenstück, erzählt Spielbergs Film die Geschichte der tiefen Freundschaft zwischen dem Pferd Joey und dem jungen Albert (Jeremy Irvine). Nachdem sein Vater Ted (Peter Mullan) sein ganzes Geld auf einer Auktion für das Pferd ausgegeben hat, scheint sich das störrische Tier schnell als absoluter Fehlkauf zu erweisen, was immer wieder zu Streitereien zwischen Alberts Eltern führt. Doch der junge Mann glaubt an das Pferd und schafft es mit viel Ausdauer und Hingabe, Joey zu zähmen und für die Arbeit auf dem Feld zu trainieren. Doch dann bricht der Erste Weltkrieg aus und Ted muss, um das Überleben seiner Familie zu sichern, Joey an einen britischen Kavallerieoffizier verkaufen. Von da an beginnt für das Pferd eine abenteuerliche wie gefährliche Reise, auf der er immer wieder neuen Gefährten begegnet, von britischen Offizieren über deutsche Soldaten bis hin zu einem kleinen französischen Mädchen. Irgendwo zwischen Leben und Tod, zwischen den verfeindeten Linien, scheint der Krieg Joey und Albert endgültig voneinander getrennt zu haben...
Wer glaubt, dass "Gefährten" ein typischer Pferdefilm sei, der eher was für kleine Mädchen ist und lediglich harmlose Familienunterhaltung bietet, der irrt gewaltig. Steven Spielberg hat ein bildgewaltiges Epos gedreht, dass nicht nur die wunderbare Geschichte einer Freundschaft erzählt, sondern auch den Schrecken des Ersten Weltkriegs in sehr rauen, realitätsnahen Bildern einfängt. Sein Film ist mal traurig, dann wieder amüsant, mal erschreckend, dann wieder einfach nur schön. Das klingt nach einem ziemlich kruden Mix, der eigentlich nicht funktionieren dürfte. Und genau das wäre wahrscheinlich auch der Fall, wenn Spielberg nicht alle Register seines Könnens gezogen hätte. Mit großartigen Bildern, die sein Stamm-Kameramann Janusz Kaminski eingefangen hat, mit dem wunderbar episch-schwülstigen Thema von seinem Hof-Komponisten John Williams und der großartigen Ausstattung von Produktionsdesigner Rick Carter hat Spielberg alle verschiedenen Elemente der Geschichte derart gekonnt miteinander verknüpft, dass es schwer fällt, sich nicht einfach von dem Geschehen treiben zu lassen.
Zugegeben, ganz objektiv ist diese Bewertung nicht, gehört Steven Spielberg doch schon seit frühester Jugend zu meinen absoluten Lieblingsregisseuren. Selbst in seinen schwächeren Arbeiten habe ich immer etwas Positives finden können, so dass es eigentlich keinen Spielberg-Film gibt, der mir als Ganzes nicht gefällt. Doch auch wenn ich versuche, meine persönliche Einstellung dem Regisseur gegenüber beiseite zu schieben und eingestehe, dass "Gefährten" nicht zu seinen besten Arbeiten gehört, so kann ich die durchaus vorhandenen Schwächen nicht als schwerwiegend genug ansehen, um diesen Film nicht als ganz großes Gefühlskino anzusehen.
Zu diesen Schwächen gehört sicherlich die Tatsache, dass es die beinahe episodenhafte Erzählstruktur schwer macht, sich auf die menschlichen Charaktere einzulassen. Zwar liefern alle Darsteller, angefangen von Newcomer Jeremy Irvine über "Sherlock"-Darsteller Benedict Cumberbatch bis hin zur großen deutschen Hoffnung David Kross, mehr als überzeugende Darstellungen ab. Aber ihre Figuren bleiben fast zwangsläufig oberflächlich, da sie nur kurze Gefährten auf der Reise sind, die Joey in den Wirren des Krieges bewältigen muss. Spielberg versucht zwar zu Beginn, sich genügend Zeit zu nehmen, um die enge Freundschaft zwischen Albert und Joey zu etablieren und so den großen emotionalen Höhepunkt des Films sicher zu stellen. Doch nachdem das Pferd von seinem Besitzer getrennt wird, folgen derart viele andere Handlungsstränge, dass es am Ende schwer fällt, noch die Intensität der Bindung zwischen Albert und seinem Pferd zu empfinden, die zu Beginn sehr glaubhaft vermittelt wird. Das soll nicht heißen, dass das Ende nicht funktioniert und bei Zuschauern, die nahe am Wasser gebaut sind, nicht für die ein oder andere Träne sorgen könnte. Dennoch wirkt der Weg dorthin mitunter etwas überfrachtet und langatmig, was dem Film für seine emotionale Wirkung wahrscheinlich nicht gerade zuträglich ist.
Langer Rede kurzer Sinn: "Gefährten" ist Kitsch und Pathos so, wie ihn nur Steven Spielberg inszenieren kann: groß, bewegend und einfach nur wunderbar. Wer seinen Stil mag und bereit ist, ein wenig Sitzfleisch zu investieren, der wird mit einem großartigen Film über Freundschaft und Loyalität belohnt, bei dem Schrecken und Schönheit ganz nah beieinander liegen und der sich nicht dafür schämt, hemmungslos die Tränendrüsen seiner Zuschauer zu manipulieren. Absolut empfehlenswert!
Ein Artikel von Sebastian Betzold