Die Frankfurt-Tipp Bewertung: |
Originaltitel: | Gone Girl |
Genre: | Thriller, Drama |
Regie: | David Fincher |
Kinostart: | 02.10.2014 |
Produktionsland: | USA 2014 |
Laufzeit: | ca. 145 Min. |
FSK: | ab 16 Jahren |
Webseite: | www.gonegirl-derfilm.de/ |
Am Anfang war es die ganz große Liebe zwischen dem aufstrebenden Schriftsteller Nick Dunne (Ben Affleck) und der charmanten wie schönen Amy (Rosamund Pike). Doch nach fünf Jahren Ehe scheint jede Leidenschaft erloschen. Nick und Amy zicken sich nur noch an und vermeiden es, zusammen Zeit zu verbringen. Doch ist das schon ein Grund für ein Verbrechen. Diese Frage stellt sich nicht nur die Polizei, sondern auch die gesamte Medienlandschaft, als Amy eines Tages spurlos verschwindet. Obwohl zunächst alles nach einer Entführung aussieht, verdichten sich die Anzeichen dafür, dass Nick seine Frau ermordet haben könnte. Der Fall wird immer mehr zu einem Medienspektakel und Nick zum meistgehassten Mann Amerikas. Die Geheimnisse, die über ihn dabei ans Licht kommen, sind für seine Unschuldsbehauptung nicht gerade förderlich. Doch ist die Wahrheit wirklich so eindeutig, wie sie zu sein scheint?
Mit "Gone Girl – Das perfekte Opfer", der Verfilmung des gleichnamigen Bestsellers von Gillian Flynn, wendet sich Regisseur David Fincher einmal mehr dem Thriller-Genre zu. Da bleibt es dann natürlich nicht aus, dass sein neuestes Werk mit seinen früheren Arbeiten wie "Sieben", "Zodiac" oder natürlich "Fight Club" verglichen wird. Und da ist man dann auch schnell versucht, "Gone Girl" als vergleichsweise konventionelle Massenware abzutun. Sicherlich, Finchers typische Handschrift ist alleine schon bei der visuellen Umsetzung deutlich erkennbar. Dennoch zeichnet sich sein neuer Film auf den ersten Blick nicht gerade durch originelle und schockierende Wendungen aus. Selbst wer das Buch nicht kennt, weiß spätestens nach der ersten Stunde, was wirklich mit Amy passiert ist.
Dennoch funktioniert das Ganze extrem gut – selbst dann, wenn man die Romanvorlage bereits kennt. Denn "Gone Girl" ist eben nicht nur ein recht spannender Thriller, sondern auch ein mitreißendes Ehe-Psychodrama, das als Verbindung aus Finchers dichter Inszenierung und dem hervorragenden Spiel der beiden Hauptdarsteller bis zum umstrittenen Ende erstklassige Unterhaltung bietet. Ben Affleck darf hier wieder einmal beweisen, dass er allen Kritiken zum Trotz wirklich schauspielern kann. Und Rosamund Pike verkörpert die verschiedenen Facetten ihrer Figur derart perfekt, dass eine Nominierung für den Oscar hier mehr als gerechtfertigt wäre. Für alle, die das Buch nicht gelesen haben, soll hier natürlich nicht zu viel verraten werden. Doch so viel sei gesagt: das ehemalige Bond-Girl läuft gerade dann zur Bestform, wenn sie nicht die charmante Frau spielt, in die sich die Zuschauer genauso wie Nick zu Beginn nur allzu gerne verlieben.
Wenn klar wird, ob Nick seine Amy umgebracht hat, oder nicht, verliert die Geschichte keinesfalls an Spannung. Denn Fincher schafft es jetzt perfekt, das Ganze in ein bitterböses Psychodrama zu verwandeln, was er dann auch noch mit einem gehörigen Schuss Mediensatire würzt. Untermalt von der stimmungsvollen Musik von Trent Reznor und Atticus Ross kommen in den knapp zweieinhalb Stunden kaum spürbare Längen auf. Ganz gleich, ob man sich für die Geschichte begeistern kann, oder nicht, steht es außer Frage, dass der Film handwerklich und schauspielerisch ganz großes Kino bietet. Nur am Finale werden sich, wie das schon beim Buch der Fall war, zu Recht die Geister scheiden. Obwohl es kleinere Änderungen gibt, haben Fincher und Gillian Flynn, die auch das Drehbuch geschrieben hat, das eigentliche Ende des Buchs beibehalten. Und man ist leicht versucht, das Finale als überstürzt, einfallslos und unbefriedigend abzutun. Doch bei genauerer Überlegung dürfte auch einigen Zweiflern klar werden, dass die Geschichte eigentlich kein kompromissloseres und böseres Ende hätte verpasst bekommen können. Und damit passt der Film wieder ganz perfekt in das Oeuvre von David Fincher.
Wenn man sich von der Geschichte gefangennehmen lassen kann, dann ist "Gone Girl – Das perfekte Opfer" ein wirklich hervorragender Psycho-Thriller und ein bitterböses Ehedrama, das gleich in mehreren Kategorien ein verdienter Oscar-Kandidat wäre. Ein großartiger Film, für den es ein ganz klares "absolut sehenswert" gibt und dem man selbst die geschickt-dreist eingeflochtene Schleichwerbung für Netflix (den Streaming-Dienst, für den Fincher die Serie "House of Cards" produziert) nur allzu gerne verzeiht.
Ein Artikel von Sebastian Betzold