Die Frankfurt-Tipp Bewertung: |
Originaltitel: | Gretel & Hansel |
Genre: | Horror, Mystery |
Regie: | Oz Perkins |
Kinostart: | 09.07.2020 |
Produktionsland: | Kanada/Irland/USA 2020 |
Laufzeit: | ca. 87 Min. |
FSK: | ab 16 Jahren |
Webseite: | www.capelight.de/ |
Diese Geschichte wird Euch bekannt vorkommen: Die Geschwister Gretel (Sophia Lillis) und Hänsel (Samuel J. Leakey) mussten ihr Elternhaus verlassen und irren auf der verzweifelten Suche nach Nahrung und nach einem Unterschlupf durch den dunklen Wald. Dort stoßen sie auf ein Haus, in dem eine alte, freundliche Dame (Alice Krige) lebt. Sie nimmt die beiden Kinder auf und gibt ihnen köstliche Leckereien zu essen. Doch während sich Hänsel wie im Paradies fühlt, beginnt Gretel genau daran zu zweifeln. Mysteriöse Geräusche und Erscheinungen in dem Haus lassen das Mädchen vermuten, dass hinter der freundlichen Fassade des Hauses und seiner Bewohnerin etwas abgrundtief Böses lauert…
Regisseur Oz Perkins hat mit "Gretel & Hänsel" das bekannte Märchen der Gebrüder Grimm in einen düsteren Mystery-Horrorfilm verwandelt, dem durchaus eine ganz eigene Atmosphäre attestiert werden kann. Kunstvolle Bilder dämonischen Schreckens ziehen den Zuschauer hier mehr als einmal in den Bann. Es hat schon etwas faszinierendes an sich, mit anzusehen, wie Gretel – gespielt von der aus "Es" und der Netflix-Serie "I am not okay with this" bekannten Sophie Lillis – von merkwürdigen Erscheinungen immer mehr in Richtung Wahnsinn getrieben wird. Das ist besonders effektiv, wenn Perkins auf Subtilität setzt.
Auch der Aspekt rund um die Geschichte der "Hexe" ist durch Perkins` Neuinterpretation durchaus interessant. Das hätte, auch in Verbindung mit dem Finale, richtig gut werden können. Doch leider steht sich Perkins mit dem Bestreben, einen künstlerisch möglichst wertvollen Horrorfilm zu inszenieren, immer wieder selbst im Weg. Die Bildsprache ist großartig, aber dramaturgisch beherrscht zu oft anstrengende Langatmigkeit das Geschehen. Zu sehr verlässt sich Perkins auf die zugegebenermaßen gelungene Atmosphäre, die seine Bilder aufbauen, vergisst dabei aber, diese auch mit einer Geschichte zu verbinden, die den Film über seine doch recht kurze Laufzeit hinweg trägt.
Und genau hier liegt das Problem. Mit gerade einmal 87 Minuten wirkt "Gretel & Hänsel" immer noch viel zu lang. Hätte Oz Perkins neben dem künstlerischen Aspekt seiner Inszenierung auch noch etwas an dem Unterhaltungswert geschraubt, der durch etwas mehr tempo und etwas weniger bedeutungsschwangere Symbolik hätte gesteigert werden können, so hätte seine Adaption des Märchens durchaus das Zeug zu einem kleinen Genre-Klassiker gehabt. Denn die Ansätze, die Perkins hier verfolgt, sind richtig gut. Nur bei der Durchführung ist leider einiges schief gegangen, so dass es am Ende nur für ein "mit Abstrichen sehenswert" reicht.
Ein Artikel von Sebastian Betzold