Die Frankfurt-Tipp Bewertung: |
Genre: | Drama, Tragikomödie |
Regie: | Christian Zübert |
Kinostart: | 23.10.2014 |
Produktionsland: | Deutschland 2014 |
Laufzeit: | ca. 95 Min. |
FSK: | ab 12 Jahren |
Webseite: | www.hinundweg-film.de |
Jedes Jahr treffen sich die Freunde Hannes (Florian David Fitz), seine Frau Kiki (Julia Koschitz), Michael (Jürgen Vogel), Dominik (Johannes Allmayer) und dessen Frau Mareike (Victoria Mayer) im Sommer zu einer gemeinsamen Radtour. In diesem Jahr haben Hannes und Kiki das Ziel ausgewählt. Von Frankfurt aus soll es nach Belgien gehen. Und auch Hannes Bruder Finn (Volker Bruch) soll sich der Truppe anschließen. Die Stimmung ist ausgelassen und man freut sich auf ein paar fröhliche Tage unter Freunden, auf eine Auszeit von den typischen Alltagsproblemen. Doch als sie bei ihrer ersten Station auf Finn und auf Hannes Mutter (Hannelore Elsner) treffen, eröffnet Hannes ihnen, dass diese Reise einen ganz anderen Grund hat: bei ihm wurde ALS diagnostiziert und es bleibt ihm nicht mehr viel Zeit. Sein Wunsch ist es, in Würde zu sterben. Daher hat er sich dazu entschlossen, in Belgien Sterbehilfe in Anspruch zu nehmen. Mit der Radtour will er sich von seinen Freunden und vom Leben verabschieden und noch ein paar letzte, unbeschwerte Tage genießen. Nach einem ersten Schock beschließen Michael und die anderen, dass sie diese kurze Zeit für Hannes so schön und aufregend wie möglich machen wollen – und erkennen dadurch selber, wie schön und kostbar das Leben sein kann…
Nach dem Erfolg der liebenswerten Tragikomödie "Dreiviertelmond" hat sich Regisseur Christian Zübert mit "Hin und Weg" erneut einen sehr bewegenden Stoff ausgesucht. Die Geschichte liest sich zunächst so, als wäre sie geradezu prädestiniert für ausufernden Kitsch. Auch eine filmgewordene Herbstdepression war bei diesem doch eher schweren Thema nicht ausgeschlossen. Doch wie schon bei seinem letzten Film hat Zübert auch hier wieder ein gutes Händchen für den Umgang mit herausfordernden Stoffen bewiesen. Gekonnt vermeidet er die fast unumgängliche Rührseligkeit und verfällt auch nicht in die gerade beim deutschen Film so beliebte sperrige Tristesse. Vielmehr ist ihm ein sehr unterhaltsamer, lebensbejahender Film gelungen, der durch seine schönen Bilder und das tolle Spiel des wunderbar harmonisierenden Darstellerensembles begeistert.
Florian David Fitz meistert die schwierige Herausforderung, sein Spiel nicht aufgesetzt wirken zu lassen, ganz hervorragend. Fast noch überzeugender als er spielt Julia Koschitz eine Frau, die sich mit dem baldigen Tod ihrer großen Liebe abfinden muss und die alles versucht, um für Hannes stark zu bleiben, damit ihm noch ein paar schöne letzte Stunden und ihr noch wichtige, unvergessliche Erinnerungen bleiben. Das Spiel von Koschitz verzichtet auf jede Theatralik, ist extrem lebensnah und geht dem Zuschauer gerade dadurch in mehreren Momenten wirklich zu Herzen. Perfekt besetzt ist auch Jürgen Vogel als Weiberheld und Kindskopf, der sich seiner Verantwortung als bester Freund aber durchaus bewusst ist und Hannes auf genau richtige Weise auf diesem schwierigen Weg zur Seite steht.
Zu sagen, dass Miriam Stein ("Goethe!"), Volker Bruch ("Westwind"), Victoria Mayer ("Das Lächeln der Tiefseefische") und Johannes Allmayer ("Vincent will Meer") dagegen zu Nebenfiguren degradiert werden, ist sicherlich falsch. Dennoch stehen Fitz, Koschitz und Vogel ganz eindeutig im Vordergrund, werden aber vom Rest des Ensembles wirklich perfekt unterstützt. Auch wenn einige Momente etwas arg konstruiert wirken, sorgen die Darsteller in jedem Augenblick dafür, dass die Freundschaft zwischen den Charakteren echt wirkt. Und das ist einer der wichtigsten Faktoren für die emotionale Wirkung der Geschichte.
Während es in den ersten beiden Dritteln des Films immer wieder leichte und auch sehr amüsante Momente gibt, wird der letzte Akt von großer Traurigkeit dominiert. Hier sollten unbedingt Taschentücher bereitgehalten werden, denn es ist fast unmöglich, hier nicht die eine oder andere Träne zu verdrücken. Doch gerade aus dieser Traurigkeit lässt Zübert etwas ganz Wunderbares entstehen, das die Zuschauer mit einem sehr positiven Gefühl aus dem Kino entlässt. So ist "Hin und Weg" am Ende eine wirklich tolle Tragikomödie geworden, die in den richtigen Momenten die notwendige Zurückhaltung walten lässt, um das Publikum zu berühren. Es ist ein Film, der zeigt, dass auch sehr schwierige Themen wie Sterbehilfe, Krankheit und Tot durchaus unterhaltsam erzählt werden können, ohne gleich seicht oder verwässert werden zu müssen. Ein Film zum Lachen und zum Weinen, der Lust auf das Leben macht, gerade da er die Unausweichlichkeit des Todes auch für recht junge Menschen thematisiert. All das hat unterm Strich ganz klar ein "Absolut sehenswert" verdient!
Ein Artikel von Sebastian Betzold