Die Frankfurt-Tipp Bewertung: |
Originaltitel: | Imagine waking up tomorrow and all music has disappeared |
Genre: | Dokumentarfilm |
Regie: | Stefan Schwietert |
Kinostart: | 22.10.2015 |
Produktionsland: | Deutschland/Schweiz 2015 |
Laufzeit: | ca. 86 Min. |
FSK: | ab 0 Jahren |
Webseite: | www.realfictionfilme.de |
Stellen sie sich vor, sie wachen eines Morgens auf und alle Musik ist verschwunden. Es gibt keine CDs mehr, keine Songs im Radio oder auf dem iPod. Was ist, wenn wir mit unserer Definition von Musik noch einmal bei null anfangen müssen? Das ist die Ausgangssituation für ein ganz besonderes Projekt von Bill Drummond. Das ehemalige Mitglied der Formation KLF reist durch das Land und fordert die Menschen dazu auf, Teil von The17 zu werden, dem größten Chor der Welt. Er nimmt die einzelnen Töne auf, die er später zusammenmischen wird. Das Ergebnis wird dann nur einmal abgespielt und dann vernichtet. Ein ungewöhnliches Projekt, das ganz dem anarchischen Geist von Drummond entspricht.
Der Deutsch-Schweizer Stefan Schwietert begleitet in seinem Dokumentarfilm "Imagine waking up tomorrow and all music has disappeared" Drummond bei seiner Reise, an deren Ende die Vollendung und Aufführung von The17 steht (wobei man im Film das Stück nicht zu hören bekommt, da ansonsten der Sinn des einmaligen Abspielens ad absurdum geführt worden wäre.) Zwischen den Szenen, die den exzentrischen Künstler dabei zeigen, wie er einfache Menschen dazu bewegt, für ihn einzelne Töne zu singen, erzählt Drummond von seinen Intentionen, aber auch über seine persönliche Beziehung zur Musik. Dabei kommt er natürlich auch auf seine Zeit bei KLF zu sprechen und auf das spektakuläre Ende der Formation, deren Musik heute weder auf CD, noch digital vertrieben werden darf. Da bleiben Drummond und sein ehemaliger Partner konsequent, auch wenn ihnen schon mehrfach horrende Summen für Wiederveröffentlichung der KLF Alben geboten wurden.
Diese biografischen Momente und Ausschnitte aus einer Talk-Show, in der sich KLF für die öffentliche Verbrennung von 3 Millionen Dollar rechtfertigen mussten, machen eigentlich den spannendsten Teil der Dokumentation aus. Ansonsten ist die Reise von Drummonds etwas zäh und auf Dauer auch ein wenig redundant ausgefallen. Die im Filmtitel aufgeworfene Frage rückt dabei auch mehr und mehr in den Hintergrund und taucht eigentlich erst am Ende wieder wirklich auf. Es wird nicht ganz ersichtlich, ob der Film eine Biografie des Künstlers, eine Dokumentation eines sehr außergewöhnlichen Kunstprojekts oder doch vielleicht etwas ganz anderes sein möchte.
Doch auch wenn eine etwas eindeutige Strukturierung den Unterhaltungswert der Dokumentation eventuell ein klein wenig gesteigert hätte und auch wenn man sich nach dem vielversprechenden Titel wünscht, dass etwas tiefer auf die Frage eingegangen worden wäre, wie denn nun eine Welt ohne Musik wirklich aussehen würde, so ist der Film und sein Protagonist am Ende doch interessant, erfrischend und unterhaltsam genug, um für Liebhaber ungewöhnlicher Dokumentarfilme und noch ungewöhnlicheren Persönlichkeiten durchaus sehenswert zu sein!
Ein Artikel von Sebastian Betzold