Die Frankfurt-Tipp Bewertung: |
Originaltitel: | Chce sie zyc |
Genre: | Drama, Tragikomödie |
Regie: | Maciej Pieprzyca |
Kinostart: | 09.04.2015 |
Produktionsland: | Polen 2013 |
Laufzeit: | ca. 111 Min. |
FSK: | ab 6 Jahren |
Webseite: | www.mfa-film.de |
Mateus (Dawid Ogrodik) liebt es, die Sterne zu beobachten und Zeit mit seinem Vater zu verbringen. Er liebt die Blicke auf die üppige Oberweite der Nachbarin und die liebevolle Art und Weise, wie sich seine Mutter um ihn kümmert. So gerne würde er all das seiner Familie mitteilen. Doch Mateus leidet unter einer zerebralen Bewegungsstörung, die es ihm unmöglich macht, zu sprechen oder die Bewegungen seines Körpers zu kontrollieren. Was ihn besonders traurig macht, ist die Tatsache, dass ihn deshalb alle für Zurückgeblieben halten. Dabei nimmt er seine Umwelt mit all ihren Facetten wahr. Als seine Mutter die Pflege ihres Sohnes nicht mehr bewältigen kann, kommt Mateus in ein Heim. Hier droht sein ungebrochener Lebenswille komplett zu verkümmern. Doch er gibt nicht auf, denn Mateus ist sich sicher: der Tag wird kommen, an dem auch alle anderen einsehen werden, dass er nicht zurückgeblieben ist…
"In meinem Kopf ein Universum" basiert auf der wahren Geschichte von Przemek, einem körperlich behinderten Mann, der von seiner Umwelt jahrelang als "Gemüse" angesehen wurde, bis sich herausstellte, dass sein Geist völlig wach und gesund war. Von seiner Geschichte war Regisseur Maciej Pieprzyca derart angetan, dass er sie unbedingt in einem Film erzählen wollte. Dabei war es ihm wichtig, den richtigen Ton zu treffen. Auf falsche Betroffenheit wollte er ebenso verzichten, wie auf eine dramaturgische Überzeichnung, die den Film vielleicht für ein breiteres Publikum zugänglicher, aber dafür auch realitätsferner gemacht hätte.
Daher hat er sich entschieden, die Geschichte aus der Sicht von Przemek, der im Film Mateus heißt, zu erzählen. Seine Sicht auf seine Umwelt ist sehr entlarvend, steckt aber auch voller Zärtlichkeit und wunderbarem Humor. So ist Pieprzyca eine sehr eindringliche Mischung aus Drama und humorvoller Ode an das Leben gelungen, die mal sehr traurig und erschütternd, dann aber auch wieder angefüllt von ungeheurer Leichtigkeit und oft unerwartetem Humor daherkommt.
Dabei beeindruckt natürlich in erster Linie die Leistung von Hauptdarsteller Dawid Ogrodik, der in keinem Moment den Eindruck erweckt, als würde er die Behinderung von Mateus nur spielen. Eigentlich wird erst beim Abspann, der Aufnahmen von Ogrodik mit dem echten Przemek zeigt, deutlich, welche körperliche Transformation der Schauspieler für diese Rolle vollzogen hat und wie beeindruckend seine Leistung eigentlich ist.
"In meinem Kopf ein Universum" ist ein bewegendes Zeugnis über die Kraft des menschlichen Geistes. Der Film ist ein unterhaltsamer, ironischer und auch entlarvender Blick auf unsere Gesellschaft und unseren Umgang mit behinderten Menschen. Ein Film, der ohne erhobenen Zeigefinger daherkommt und gerade dadurch seinen Zuschauern die Augen öffnen kann. Es ist ein kleiner Film, der es sicherlich schwer hat, ein breites Publikum zu finden, was wirklich schade ist. Denn diese wundervolle Geschichte hat gerade aufgrund ihrer angenehm unsentimentalen Inszenierung das Zeug, ganz viele Menschen zu berühren und glücklich zu machen. Und das hat ganz klar ein "Absolut sehenswert" verdient!!
Ein Artikel von Sebastian Betzold