Die Frankfurt-Tipp Bewertung: |
Originaltitel: | The Children`s Act |
Genre: | Drama |
Regie: | Richard Eyre |
Kinostart: | 30.08.2018 |
Produktionsland: | Großbritannien 2017 |
Laufzeit: | ca. 105 Min |
FSK: | ab 12 Jahren |
Webseite: | www.Kindeswohl-Film.de |
Familienrichterin Fiona Maye (Emma Thompson) lebt für ihren Beruf, was ihr ungeheuren Respekt eingebracht hat, worunter aber auch ihre Ehe mit Jack (Stanley Tucci) leidet. Und gerade, als sich in ihrem Privatleben eine handfeste Krise abzeichnet, bekommt Fiona einen extrem schwierigen Fall zugeteilt: Der 17-jährige Adam (Fionn Whitehead) hat Leukämie. Er wird sterben, wenn er nicht so schnell als möglich eine Bluttransfusion erhält. Doch die lehnen er und seine Eltern als strenggläubige Zeugen Jehovas ab. Da Adam noch nicht volljährig ist, soll nun Fiona entscheiden, ob er gegen seinen Willen behandelt werden darf. Um eine Entscheidung treffen zu können, besucht sie den Jungen im Krankenhaus und führt eine intensive Unterhaltung mit ihm. Diese führt zu einer Entscheidung, die nicht nur Adams, sondern auch Fionas Leben nachhaltig verändern wird…
"Kindeswohl" ist die Verfilmung des Romans von Ian McEwan ("Abbitte"), der sein Buch selbst für die Filmversion adaptiert hat. Regie führte Richard Eyre, der bereits mit "Tagebuch eines Skandals" oder "Iris" ein gutes Händchen für packende Dramen bewiesen hat. Sein neuester Film hat zwei ganz starke Aspekte zu bieten, die ihn trotz einiger Kleiner Kritikpunkte sehenswert machen. Der erste Aspekt ist Emma Thompson, die eine wirklich großartige Leistung abliefert. Als Frau, die in ihrem Beruf Rationalität über Emotionalität stellen muss, um richtige Entscheidungen treffen zu können, wobei sie aber auch in ihrer Ehe das Gefühl aus dem Blick verliert, ist Thompson einfach großartig.
Es gibt Momente, in denen Fiona sichtlich damit kämpft, dass ihre wahren Gefühle nicht an die Oberfläche treten. Äußerlich bewahrt sie Haltung, doch in ihrer Mimik wird deutlich, welchen inneren Kampf sie dabei auszutragen hat. In solchen Momenten wird deutlich, was für eine gute Schauspielerin Emma Thompson ist. Der Rest des Ensembles tritt dabei zwar etwas in den Hintergrund, aber gerade Stanley Tucci und Fionn Whitehead schaffen es immer wieder, aus Thompsons Schatten hervorzutreten und nicht minder gute Darstellungen zu zeigen.
Der zweite starke Aspekt ist die Geschichte selbst, die nicht nur emotional sehr aufwühlend ist, sondern auch viel Stoff zum Nachdenken und Diskutieren liefert. Wie weit darf freier Wille gehen? Ab wann darf ein Mensch selbst über sein Leben entscheiden? Aber es geht noch um sehr viel mehr. Kann ein Mensch, der sein Leben lang in einer gewissen religiösen Abhängigkeit, die er vielleicht als Schutz empfunden haben mag, wirklich frei und glücklich sein? Und ist Jacks Reaktion auf die emotionale Distanz von Fiona dreist, überzogen oder vielleicht doch absolut nachvollziehbar und verständlich.
Es gibt vieles an "Kindeswohl", worüber man noch lange nach dem Abspann nachdenken muss. Auch wenn es einige Momente gibt, die etwas konstruiert wirken, so lässt das Drama wohl niemanden wirklich kalt. Und genau das führt dann auch am Ende zu einem ganz klaren Fazit: Absolut sehenswert!
Ein Artikel von Sebastian Betzold