Die Frankfurt-Tipp Bewertung: |
Originaltitel: | Dronningen |
Genre: | Drama |
Regie: | May el-Toukhy |
Kinostart: | 06.05.2020 |
Produktionsland: | Dänemark 2019 |
Laufzeit: | ca. 127 Minuten |
FSK: | ab 16 Jahren |
Webseite: | www.facebook.com/SquareOneEntertainm |
Als Rechtsanwältin für Familienrecht setzt sich Anne (Trine Dyrholm) für Kinder und Jugendliche ein, die misshandelt oder missbraucht werden. Tagtäglich kämpft sie gegen gesellschaftliche Missstände, die ihrem Leben ferner nicht sein könnten. Mit ihrem Mann Peter (Magnus Krepper) – einem erfolgreichen Arzt - und ihren beiden Töchtern wohnt sie in einem wunderschönen Haus. Anne lässt sich von nichts und niemanden davon abbringen, ihren Weg zu gehen. Doch das ändert sich, als der 16jährige Gustav (Gustav Lindh), Peters Sohn aus erster Ehe, bei ihnen einzieht. Peter hofft, seinen rebellischen Filius durch das geordnete Familienleben wieder auf die richtige Bahn zu lenken. Doch Annes zunächst mütterliche Gefühle verwandeln sich mit der Zeit in eine leidenschaftliche Beziehung zwischen der Frau und dem Jugendlichen, die alles, was sich Anne aufgebaut hat, zerstören könnte. Und das kann sie auf keinen Fall zulassen.
"Königin" war 2020 Dänemarks Oscar-Beitrag. Das Drama von Regisseurin May el-Toukhy lebt von einer höchst interessant gezeichneten Hauptfigur. Anne wirkt auf den Zuschauer zunächst etwas unterkühlt, vielleicht sogar überheblich. Eine wirkliche Sympathieträgerin ist sie – zumindest zu Beginn – nicht. Doch das Bild wandelt sich, je mehr sie von sich preisgibt – nur um sich dann erneut umzukehren. Schnell wird klar, dass Anne ein sehr viel komplexerer Charakter ist, als es zunächst den Anschein hat. Es ist spannend mit anzusehen, wie sie mit dem Kontrollverlust über ihre Gefühle umgeht und wie ausgerechnet sie als Anwältin für Familienrecht für sich ihre Affäre mit dem jungen Gustav rechtfertigt.
Durch die sehr ruhige Erzählweise erhält die Geschichte eine zusätzliche Dramatik, da man als Zuschauer mit ansieht, wie Anne Stück für Stück ihr eigenes Leben zerstört – und dabei auch in Kauf nimmt, dass Gustav emotional darunter zu leiden hat. Auf der anderen Seite wird in den recht expliziten Sexszenen deutlich, wie viel Leidenschaft und Gefühl zwischen den Beiden im Spiel ist – und wie sehr besonders Anne sich darin zu verlieren scheint. Großes Lob gebührt hier nicht nur der Filmemacherin für die sensible Umsetzung der Geschichte, sondern auch Trine Dyrholm für ihr extrem starkes Spiel, das erheblich dazu beiträgt, dass Anne eine so interessante Figur geworden ist.
"Königin" ist bis zum aufwühlenden Ende ein mitreißendes Drama, das sich an einigen Stellen zwar ein klein wenig zieht, das aber insgesamt durch atmosphärische Bilder, ein überzeugendes Ensemble und eine starke Geschichte überzeugt. Der Kinostart wurde leider gestrichen, dafür ist der Film ab sofort als Video-on-Demand auf allen gängigen Plattformen wie Apple TV oder Prime Video zu finden. Absolut sehenswert!
Ein Artikel von Sebastian Betzold