Die Frankfurt-Tipp Bewertung: |
Originaltitel: | La Belle Saison |
Genre: | Drama, Romantik |
Regie: | Catherine Corsini |
Kinostart: | 05.05.2016 |
Produktionsland: | Frankreich 2015 |
Laufzeit: | ca. 105 Min. |
FSK: | ab 12 Jahren |
Webseite: | www.labellesaison.de |
Frankreich in den 1970ern: Die 23jährige Delphine (Izïa Higelin) fühlt sich in einem viel zu eng zugeschnürten Korsett aus Engstirnigkeit und extrem konservativen Moralvorstellungen gefangen. Hier, auf dem Bauernhof ihrer Eltern, kann sie ihren Freiheitsdrang und ihre Liebe zu Frauen nicht ausleben. Um ihr Glück zu finden, beschließt sie nach Paris zu gehen. Hier erliegt sie schnell dem Charme der extrovertierten Frauenrechtlerin Carole (Cécile de France). Obwohl diese eigentlich in einer glücklichen Beziehung mit einem Mann lebt, beginnt auch Carole, sich von Delphine angezogen zu fühlen. Zwischen den Beiden entwickelt sich eine leidenschaftliche Liebe, die genau das zu sein scheint, wonach sich Delphine all die Jahre so gesehnt hat. Doch als ihr Vater (Jean-Henri Compère) schwer krank wird, muss sie zurück auf den Hof ihrer Eltern fahren, um ihrer Mutter (Noèmie Lvovsky) beizustehen. Als sich Carole entschließt, Delphine zu folgen, beginnt für die Frauen nicht nur ein Sommer voller Leidenschaft, sondern auch eine schwere Bewährungsprobe für ihre noch frische Liebe…
"La Belle Saison" erzählt eine bewegende Liebesgeschichte, die Regisseurin Catherine Corsini sehr sensibel und sinnlich umgesetzt hat. Mit zwei starken Hauptdarstellerinnen zeigt sie, wie zwei sehr ungleiche Frauen zueinander finden, nur um dann gegen gesellschaftlichen und familiären Druck kämpfen zu müssen. Perfekt fängt Corsini dabei das Lebensgefühl der 1970er ein und zeigt die starke Diskrepanz zwischen den Moralvorstellungen in einer Stadt wie Paris und der ländlichen Provinz. Dadurch wird auch gut nachvollziehbar, warum sich Delphine in ihrem Heimatort gefangen fühlt und warum sie von einer Frau wie Carole vom ersten Augenblick an derart fasziniert ist. Schließlich scheint die junge Aktivistin all das zu verkörpern, was Delphine gerne wäre. Doch gleichzeitig wird auch deutlich, dass sie von dem Leben auf dem Land stärker geprägt ist, als sie das vielleicht gedacht hat und dass sie manchmal einfach nicht aus ihrer Haut heraus kann. Carole schafft es manchmal aber dann doch, sie von diesen Fesseln zu befreien und es sind diese kurzen Momente, in denen man Delphine anmerkt, dass sie wirklich glücklich ist.
Dass diese Momente funktionieren, ist auch dem sehr unverkrampften, absolut nicht plakativen Umgang mit Nacktheit geschuldet, durch den die Liebesszenen zwischen den beiden Frauen sehr authentisch und keineswegs voyeuristisch wirken. Es ist diese Natürlichkeit, die diese Liebesgeschichte so glaubhaft und bewegend macht. Zwar hätte die Geschichte noch ein paar dramatische Höhepunkte gebrauchen können, da sie gerade im Mittelteil etwas dahinplätschert. Doch auf der anderen Seite passt das Ganze auch gut zu der vermeintlich idyllischen Sommeratmosphäre, in der sich die beiden Liebenden so glücklich und sicher fühlen – bis sie dann von der Wirklichkeit wieder eingeholt werden. Trotzdem: viel Tempo sollte hier nicht erwartet werden. Vielmehr muss man sich auf einen sanft dahinrauschenden Erzählfluss einstellen können, um nicht nur die Schönheit der Bilder, sondern auch die der Geschichte genießen zu können.
Zum Ende hin wird die Inszenierung allerdings arg konventionell und das Ende des Films erinnert dann doch zu sehr an ein thematisch ähnlich geartetes französisches Werk aus der jüngeren Vergangenheit (auch wenn Programmkino-Liebhaber sofort wissen werden, von welchem Film hier die Rede ist, soll er an dieser Stelle natürlich nicht genannt werden). Dennoch: Auch wenn es ein paar Längen gibt und die Geschichte nach einem starken Anfang wenige Überraschungen bietet, so können die starken Darstellerinnen und die feinfühlige Inszenierung doch die Herzen ihres Publikums erreichen. Dadurch wird das Liebesdrama für Freunde des europäischen Arthauskinos und mitreißender Frauenfilme auch unterm Strich: Absolut sehenswert!
Ein Artikel von Sebastian Betzold