Die Frankfurt-Tipp Bewertung: |
Originaltitel: | Legend |
Genre: | Drama, Thriller |
Regie: | Brian Helgeland |
Kinostart: | 07.01.2016 |
Produktionsland: | Großbritannien 2015 |
Laufzeit: | ca. 131 Min. |
FSK: | ab 16 Jahren |
Webseite: | www.legend-derfilm.de/ |
Reggie Kray (Tom Hardy) hat sich mit der perfekten Mischung aus Taktik, Unverfrorenheit, Charme und krimineller Energie im Londoner East End ein kleines Imperium aufgebaut, das er gemeinsam mit seinem kürzlich aus der Psychiatrie entlassenen Zwillingsbruder Ron (auch Tom Hardy) leitet. Hinter der Fassade ihrer Nachtclubs schmieden sie wichtige Allianzen, erpressen Schutzgelder und machen ihren Gegnern klar, wer in der Unterwelt von London das Sagen hat. Als Reggie in Francis (Emily Browning) dann auch noch die Liebe seines Lebens trifft, scheint die Welt nun endgültig ihm zu gehören. Doch dann muss er für sechs Monate ins Gefängnis. Genügend Zeit für den hitzköpfigen Ron, die Geschäfte der Krays an den Rand des Ruins zu treiben. Und auch Francis fühlt sich in der zwielichtigen Gesellschaft, die ihr neues Leben darstellt, zunehmend unwohl. So muss Reggie nach seiner Haftentlassung feststellen, dass ihm die Zügel, die er zuvor so fest gehalten hat, mehr und mehr zu entgleiten drohen. Und das will er um jeden Preis verhindern…
Über die Kray Zwillinge gibt es schon einige Filme und Bücher. Und Jeder, der in den 1950ern und 60ern in London gelebt hat, hat mindestens eine Geschichte über sie zu erzählen. Längst ist dabei schon nicht mehr klar, was nun Wahrheit und was Legende ist. Das weiß auch Regisseur Brian Helgeland, der deutlich macht, dass er mit "Legend" seine Version der Geschichte erzählt, die nicht zwangsläufig der völligen Wahrheit entsprechen muss. Durch intensive Recherchen und Gespräche mit Menschen aus dem Dunstkreis der Krays wollte er allerdings ein Bild der Brüder entwerfen, das der Wahrheit möglichst nahe kommen sollte. Und um sich noch deutlicher von anderen Werken über die Krays abzuheben, lässt er die Ereignisse aus der Sicht von Francis erzählen, was sich am Ende als sehr geschickter Schachzug erweist.
"Legend" ist ein guter, stellenweise sogar sehr guter Gangsterfilm geworden, der mit einigen Längen zu kämpfen hat. Diese werden allerdings durch sehr starke Spannungsmomente und mitreißend gezeichnete Charaktere wieder ausgeglichen. Dennoch ist das Ganze im Grunde ein sehr konventioneller Genrebeitrag, dem es nicht gelingt, eigene Impulse zu setzen. Man könnte ihn also leicht in die Kategorie "Alles-schon-mal-gesehen" abschieben, wäre da nicht Hauptdarsteller Tom Hardy. Was Hardy hier in der Doppelrolle als Reggie und Ron abliefert, ist schlichtweg spektakulär. Er kreiert zwei völlig unterschiedliche Charaktere, die bis auf eine gewisse äußerliche Ähnlichkeit nichts gemeinsam zu haben scheinen. Wenn sich der charmante, wortgewandte und besonnene Reggie und der einfältige, psychisch labile und hitzköpfige Ron die Leinwand teilen, vergisst man in wenigen Sekunden, dass es sich bei Beiden um ein und denselben Darsteller handelt. Hardy liefert eine wirklich unglaublich gute Leistung ab. Das ist mal sehr humorvoll, mal extrem brutal – aber immer richtig intensiv.
Hardys beeindruckendes Doppelspiel legt natürlich einen großen Schatten über die anderen Schauspieler, die zwar allesamt sehr überzeugend agieren, es dabei aber nicht schaffen, ähnlich Nachhaltiges abzuliefern. Trotzdem sorgt das gesamte Ensemble dafür, dass "Legend" erstklassiges Schauspielerkino geworden ist. Durch das mitreißende Spiel ist der Film auch in seinen etwas zäheren Momenten ein Genuss, auch wenn er dramaturgisch nur konventionelle Kost zu bieten hat. Wer also ein klassisches Gangsterdrama mit tollen Darstellern, einem guten Soundtrack (u.a. von Sängerin Duffy, die auch einen kleinen Gastauftritt absolviert), etwas Spannung und einer Prise clever umgesetzten Humors sehen will und dabei auf große Innovationen verzichten kann, der sollte sich diesen Film schon alleine wegen Tom Hardy nicht entgehen lassen – und wenn möglich auch in der englischen OV ansehen, in der Hardys facettenreiches Spiel noch deutlicher wird. Absolut sehenswert!
Ein Artikel von Sebastian Betzold