Die Frankfurt-Tipp Bewertung: |
Originaltitel: | Life, Animated |
Genre: | Dokumentarfilm |
Regie: | Roger Ross Williams |
Kinostart: | 22.06.2017 |
Produktionsland: | USA 2016 |
Laufzeit: | ca. 92 Min |
FSK: | ab 0 Jahren |
Webseite: | www.facebook.com/lifeanimated.derfil |
Als ihr zweiter Sohn Owen auf die Welt kam, schein das Leben von Ron und Cornelia Suskind perfekt zu sein. Ron arbeitet erfolgreich als Journalist für das Wall Street Journal, sie zogen in ihr kleines Traumhaus und verbrachten viel Zeit mit ihren beiden fröhlichen Kindern. Doch mit drei Jahren begann sich Owen drastisch zu verändern. Er konnte plötzlich nicht mehr richtig sprechen und zeigte auch enorme Schwierigkeiten in seiner Motorik. Nach einigen Untersuchungen dann die Diagnose: Owen ist Autist. Ob er jemals wieder richtig sprechen werde, sei fraglich. Für die Familie Suskind begann damit eine extrem schwierige Zeit. Sie schafften es nicht mehr, zu Owen durchzudringen. Lediglich dann, wenn sie sich gemeinsam Disney-Zeichentrickfilme ansahen, war dem Jungen eine offensichtliche Freude anzumerken. Doch da ahnt die Familie noch nicht, dass diese Filme noch viel mehr sein werden. Sie werden der Zugang zu ihrem Sohn und für ihn später das Tor in ein eigenständiges Leben sein. Doch der Weg dahin ist lang und schwierig…
"Life, Animated" ist ein extrem bewegender, aber mit seiner lebensbejahenden Botschaft auch ein extrem schöner Dokumentarfilm. Wenn man anhand von Videoaufnahmen den fröhlichen, lebhaften Owen sieht, der mit seinem Papa im Garten "Peter Pan" nachspielt, bevor der Junge "einfach so verschwand", wie es Ron Suskind ausdrückt, bricht einem wirklich das Herz. Ja, die Umsetzung kann man an solchen Stellen durchaus als ein wenig manipulativ bezeichnen, aber das ist hier nicht weiter schlimm. Denn die Geschichte von Owen ist faszinierender, emotionaler und menschlicher, als sich das die besten Autoren Hollywoods hätten ausdenken können.
Es ist die Geschichte von Eltern, die ihren Sohn nie aufgegeben haben und die es nach langen, schwierigen Jahren schaffen, durch die Dialoge der Disney-Zeichentrickfilme wieder Zugang zu ihrem Sohn zu finden und ihn Stück für Stück in die Welt zurück zu holen. Soweit sogar, dass sie ihn mit 23 Jahren darauf vorbereiten, in eine eigene Wohnung zu ziehen und selbst Verantwortung für sein Leben zu übernehmen – ein Schritt, der für Owen ebenso schwierig ist, wie für seine Eltern. Regisseur Roger Ross Williams greift nicht nur auf Interviews und private Videos der Suskinds zurück, sondern verwendet auch selbst immer wieder Animationen, um Owens Geschichte zu erzählen. Auch die Geschichte um die verlorenen Sidekicks, die sich der Junge ausgedacht hat, wird auf diese wirklich bezaubernde Art dargestellt.
"Life, Animated" zeigt eindrucksvoll, wie sich ein Mensch, der von der Medizin eigentlich schon aufgegeben hat, mit der unbeirrbaren Hilfe seiner Familie, aber auch mit seiner eigenen Fantasie und der Liebe zu Zeichentrickfilmen zurück ins Leben kämpft und langsam lernt, trotz der Einschränkungen, die der Autismus für ihn mit sich bringt, ein Teil der Gesellschaft zu werden, auch wenn das manchmal Ängste, Enttäuschungen oder auch ein gebrochenes Herz mit sich bringen kann. Ein Film, der Mut macht, der Lust aufs Leben macht und der einen die Welt mit anderen Augen sehen lässt. Absolut sehenswert!
Ein Artikel von Sebastian Betzold