Die Frankfurt-Tipp Bewertung: |
Originaltitel: | Guibord s`en va-t-en guerre |
Genre: | Komödie |
Regie: | Philippe Falardeau |
Kinostart: | 26.05.2016 |
Produktionsland: | Kanada 2016 |
Laufzeit: | ca. 108 Min. |
FSK: | ab 6 Jahren |
Webseite: | www.arsenalfilm.de |
Aus dem fernen Haiti ist Souverain (Irdens Exantus) nach Quebec gereist, um ein Praktikum bei dem unabhängigen Lokalpolitiker Steve Guibord (Patrick Huard) zu absolvieren. Der idealistische junge Mann erlebt gleich an seinen ersten Tag mit, wie Guibord verzweifelt versucht, zwischen der für seinen Distrikt so wichtigen Holzwirtschaft und den Ureinwohnern, die ihre Wälder beschützen wollen, zu vermitteln. Kann ein Praktikum noch aufregender sein? Es kann! Denn als es um die Frage geht, ob sich Kanada an einem Kriegseinsatz im Nahen Osten beteiligen soll, ist es plötzlich Guibords Stimme, die über den Einsatz entscheidet. Und so wird der Parlamentarier zum Spielball der großen Politik, wobei er gleichzeitig versucht, seine Wähler in den Entscheidungsprozess einzubeziehen und so seine Unabhängigkeit von den etablierten Parteien zu wahren. Das droht in einem ganz großen, nationalen Chaos zu enden – und Praktikant Souverain ist mitten drin dabei…
Mit "Mein Praktikum in Kanada" hat Regisseur Philippe Falardeau, der mit "Monsieur Lazahr" für einen Oscar nominiert war, eine politische Satire inszeniert, die mit einigen ganz wunderbaren Einfällen und viel schrägem Humor gefällt. Es gelingt Falardeau über weite Strecken sehr gut, die Fallstricke von Lokalpolitik und die Machenschaften im internationalen Politzirkus zu entlarven. Patrick Huard, der durch die Komödie "Starbuck" auch hierzulande einem breiteren Publikum bekannt wurde, ist als unabhängiger Abgeordneter, dem seine Wähler wirklich am Herzen liegen, perfekt besetzt. Gefangen zwischen Idealismus und Realismus versucht er, allen Seiten gerecht zu werden und ausweglose Konflikte durch Kompromisse zu lösen. Doch gerade das könnte ihm in einer Situation zum Verhängnis werden, die von ihm verlangt, klar Stellung zu beziehen.
Auf den ersten Blick scheint es so zu sein, dass Guibord in erster Linie vom Premierminister auf der einen und von seiner Frau auf der anderen Seite beeinflusst wird. Doch die Ereignisse erhalten gerade dadurch eine gewisse Komik, dass es scheinbar beiläufige Bemerkungen von Souverain sind, die das Geschehen immer wieder in eine neue Richtung lenken und dafür sorgen, dass der von allen Seiten mit Forderungen, Versuchungen und Beschimpfungen bombardierte Politiker nicht das Handtuch wirft und seine Integrität aufgibt. Wie die verschiedenen Seiten versuchen, ihre Interessen durchzusetzen, ist mitunter herrlich witzig umgesetzt. Doch in vielen Momenten hätte noch mehr satirischer Biss dem Film gut getan.
Denn auch wenn es einige durchaus böse Momente gibt, bleibt die Inszenierung insgesamt einfach zu brav. Das ist zwar immer noch amüsant. Doch um aus einer netten Komödie eine großartige Satire zu machen, fehlt dem Film einfach der letzte Kick. Das ist insofern schade, da das Ganze gar nicht weit davon entfernt ist, genial zu sein. Doch da Falardeau in einigen entscheidenden Momenten auf die nötigen Ecken und Kanten verzichtet, führt das dazu, dass die Geschichte hier und da zu beliebig dahinplätschert, anstatt mit voller Schärfe die Verlogenheit von vielen Politikern, Bürgerinitiativen und Lobbyisten aufs Korn zu nehmen. Doch auch wenn das volle Potential nicht ausgeschöpft wird, so bietet "Mein Praktikum in Kanada" am Ende nicht nur gute Unterhaltung, sondern auch einige gute Denkanstöße. Eine nette, lustige Komödie, die sich Liebhaber von kurzweiligen Politsatiren nicht entgehen lassen sollten. Sehnswert!
Ein Artikel von Sebastian Betzold