Die Frankfurt-Tipp Bewertung: |
Originaltitel: | Ricki and the Flash |
Genre: | Komödie |
Regie: | Jonathan Demme |
Kinostart: | 03.09.2015 |
Produktionsland: | USA 2015 |
Laufzeit: | ca. 102 Min |
FSK: | ab 0 Jahren |
Webseite: | www.RickiWieFamilieSoIst.de |
Vor vielen Jahren hat sich Ricki Rendazzo (Meryl Streep) für die Karriere als Musikerin und gegen ihre Familie entschieden. Jetzt ist sie geschieden, von ihren Kindern völlig entfremdet und den großen Durchbruch hat sie auch nicht geschafft. Stattdessen heizt sie Abend für Abend den wenigen Gästen einer kleinen Bar ein. Dass sie keine besonders gute Mutter war, weiß sie, kann sie aber recht gut verdrängen. Das ändert sich, als ihre Tochter Julie (Mamie Gummer) versucht, sich das Leben zu nehmen. Ricki kratzt ihre letzten Dollar zusammen, um sofort zu ihrem Ex-Mann Pete (Kevin Kline) zu fliegen, bei dem Julie nach der Trennung von ihrem Mann wieder wohnt. Sofort merkt Ricki, dass dies eine völlig andere Welt ist, in die sie einfach nicht mehr hinein gehört. Dennoch will sie Julie aus ihrer lethargischen Trauer befreien und ihr endlich einmal das sein, was sie bislang nicht war: eine liebende Mutter. Doch ist es dafür vielleicht einfach zu spät?
Es gab Zeiten, in denen ein Film von Regisseur Jonathan Demme ("Philadelphia", "Das Schweigen der Lämmer") mit einem Drehbuch von Diablo Cody ("Juno") ein Garant für die Oscars und für die oberen Plätze der Kinocharts gewesen wäre. Und wenn dann noch Meryl Streep die Hauptrolle übernimmt, die wahrscheinlich selbst dann, wenn sie die Wettervorhersage vorlesen würde, noch für den Oscar nominiert wird, dann steht einem Kritikerliebling und Kinohit nichts mehr im Weg. Doch die Zeiten sind vorbei. Weder Jonathan Demme, noch Diablo Cody konnten mit ihren letzten Projekten an alte Erfolge anknüpfen. Und Meryl Streep ist zwar noch immer ein absoluter Kritikerliebling, aber kein Garant mehr für volle Kinokassen.
Betrachtet man das frühere Potential der Drei ist ihre Zusammenarbeit in dem Familienfilm "Ricki – Wie Familie so ist" im Kern eher enttäuschend. Dem Drehbuch fehlt es genau an den bissigen Dialogen, für die Diablo Cody eigentlich bekannt ist. Und die Inszenierung ist extrem konventionell, brav und klischeehaft – etwas, was Jonathan Demme früher gekonnt vermieden hat. Und als abgehalfterte Rockröhre hat Meryl Streep endlich die Rolle gefunden, in der sie nicht hundertprozentig überzeugen kann. Ihr Gesang ist okay, doch ihr Spiel wirkt insgesamt ein wenig zu aufgesetzt, um glaubhaft sein zu können.
Die Geschichte und ihr unvermeidbares Happy End sind extrem überraschungsarm und versucht gegen Ende erfolglos, am heftigen Familienkitsch vorbei zu schrammen. Das mag sich jetzt nach einer totalen Katastrophe anhören. Und es wird Zuschauer geben, für die dieser Film auch genau das ist. Doch trotz aller berechtigter Kritikpunkte hat der Film auch jede Menge Charme, Witz und Herz zu bieten. Zudem stimmt die Chemie zwischen den Darstellern auf den Punkt, was gerade bei Meryl Streep und Mamie Gummer nicht weiter verwunderlich ist, da sie auch im wahren Leben Mutter und Tochter sind. Wenn man über die Vorhersehbarkeit der Story und die Überraschungsarmut der Inszenierung hinwegsehen kann, macht es einfach Spaß, dieser Familienzusammenführung zuzusehen.
Hier geht es politisch stets korrekt zu und es fehlen dem Film jegliche Ecken und Kanten. Doch das Ziel der Geschichte ist es, dem Publikum kurzweilige Gute-Laune-Unterhaltung zu bieten. Und das schafft der Film über weite Strecken sehr gut. Wer also kein Meisterwerk erwartet und einfach nur einen netten Film sehen möchte, der einen mit einem Lächeln auf dem Gesicht und einem Lied auf den Lippen in die Realität entlässt, der ist hier genau richtig. Dafür gibt es dann auch ein klares: Sehenswert!
Ein Artikel von Sebastian Betzold