Die Frankfurt-Tipp Bewertung: |
Genre: | Dokumentarfilm |
Regie: | Tobias Müller |
Kinostart: | 26.06.2014 |
Produktionsland: | Deutschland 2013 |
Laufzeit: | ca. 81 Min. |
Webseite: | www.sauacker.com |
Seit fast dreihundert Jahren gehört der Hof in einer kleinen schwäbischen Gemeinde der Familie Kienle. Über viele Generationen hinweg wurde hier Landwirtschaft betrieben, gegen Krisen angekämpft und Tradition aufrechterhalten. Nun steht Philipp Kienle kurz davor, den Hof von seinem Vater Konrad zu übernehmen. Doch der Hof steckt in einer tiefen Krise. Maschinen sind veraltet und müssen dringend erneuert werden, die Milchproduktion wirft zu wenig Profit ab und zahlreiche offene Rechnungen lassen große Neuinvestitionen einfach nicht zu. Philipp muss den Tatsachen ins Auge blicken: Seit 1990 ist der Hof finanziell gesehen ein Verlustgeschäft. Und wenn er den Familienbetrieb retten will, muss er radikale Veränderungen vornehmen. Dass diese notwendig, aber auch lohnenswert sind, davon muss Philipp nicht nur die Banken, sondern auch seinen Vater überzeugen. Doch dabei rennt er immer wieder gegen Mauern, so dass er sich irgendwann die Frage stellen muss, ob er wirklich den gleichen Weg gehen will, wie sein Vater, oder ob der Kampf für den Hof nicht vollkommen aussichtslos ist…
In "Sauacker" beobachtet Filmemacher Tobias Müller den Generationswechsel auf einem landwirtschaftlichen Traditionsbetrieb. Dabei gelingt es Müller hervorragend, einerseits eine sehr intime Familiengeschichte zu erzählen, die auf der anderen Seite aber ein sehr allgemeingültiges Thema beleuchtet. Es gibt leider zu viele Menschen wie Philipp Kienle, die alles dafür geben, um einen kleinen Familienbetrieb am Leben zu halten, die noch in anderen Jobs schuften müssen und dafür auch ihr Privatleben opfern. Den jungen Mann dabei zu beobachten, wie er alles gibt und doch immer wieder nur Rückschläge einstecken muss, ist äußerst bewegend. Gerade weil Müller einfach nur beobachtet und sich selber vollkommen heraushält, erreicht sein Film eine sehr große emotionale Wirkung.
Die Bemühungen um den Erhalt kleiner Landwirtschaftsbetriebe wie dem Hof der Kienles scheint mitunter ein Kampf gegen Windmühlen zu sein, eine Konfrontation von David gegen Goliath, die nicht gewonnen werden kann. Zu sehen, dass es Menschen gibt, die dennoch nicht aufgeben und sich nicht der Bürokratie und mächtigen Großunternehmen ergeben, ist bewundernswert und im Fall von "Sauacker" auch absolut mitreißend. Gewürzt mit einer Prise schwäbischen Humors und einigen wunderschönen Bildern wird die Dokumentation so zu einem Heimatfilm der etwas anderen Art, der neben seiner sehr persönlichen Seite eben auch voller gesellschaftspolitischer Relevanz steckt.
Dennoch steht die nicht gerade einfache Vater-Sohn Beziehung von Philipp und Konrad Kienle eigentlich im Mittelpunkt der Geschichte. Während die Situation für Vater Konrad nur ein Tal ist, auf das bald auch wieder eine Anhöhe kommt – sonst wäre er schon längst nicht mehr da – und dass man auch alte Maschinen noch reparieren kann, anstatt gleich neue zu kaufen, ist sich Philipp eben bewusst, dass er schwere und auch harte Entscheidungen treffen muss, wenn er hier eine Zukunft haben will. Entscheidungen, die seinem Vater gar nicht gefallen werden. Besonders interessant wird das, wenn Konrad Kienle von der Beziehung zu seinem Vater erzählt und dabei offenbart, wie schwer es damals für ihn war, bis er endlich den Hof übernehmen durfte. Denn die Sturheit, gegen die er damals anzukämpfen hatte, hat er jetzt den Ideen seines Sohnes gegenüber entwickelt.
"Sauacker" ist ein charmanter Film, der auf seine zurückhaltende Art nicht nur interessant und sehr unterhaltsam, sondern auf einer gewissen Ebene auch wichtig ist. Wer kurzweilige Alltagsdokumentationen schätzt und einen Einblick in eine vom Aussterben bedrohte Arbeitswelt bekommen möchte, der sollte sich diesen Film nicht entgehen lassen. Sehenswert!
Ein Artikel von Sebastian Betzold