Die Frankfurt-Tipp Bewertung: |
Originaltitel: | Searching for Sugar Man |
Genre: | Dokumentarfilm, Musikfilm |
Regie: | Malik Bendjelloul |
Kinostart: | 27.12.2012 |
Produktionsland: | Schweden/Großbritannien 2012 |
Laufzeit: | ca. 86 Min. |
FSK: | ab 0 Jahren |
Webseite: | www.rapideyemovies.de/ |
Die wohl schönste und unglaublichste Geschichte des Kinojahres 2012 hat sich nicht etwa ein genialer Drehbuchautor ausgedacht. Nein, das, was der schwedische Filmemacher Malik Bendjelloul in seiner zu Recht mehrfach preisgekrönten Dokumentation "Searching for Sugar Man" erzählt, ist tatsächlich eine wahre Geschichte, auch wenn sie stellenweise wie ein fantastisches Märchen klingen mag. Der Film zeichnet die kurze Karriere des Detroiter Musikers Sixto Rodriguez nach. In den 1970ern veröffentlichte der mexikanisch-stämmige Singer-Songwriter zwei Alben, die Branchenkenner als kleine Meisterwerke vom Stil Bob Dylans feierten, die aber einfach kein Publikum fanden. Nachdem die beiden Alben keine Käufer fanden und auch die Liveauftritte von Rodriguez kaum auf Begeisterung stießen, beendete der Musiker seine Laufbahn.
Doch was Rodriguez nicht ahnte: in Südafrika wurde er durch einen Zufall zum Megastar. Seine Musik wurde zum Soundtrack der Antiapartheidbewegung und seine Platten verkauften sich mehr, als die von Elvis Presley und anderen populären Künstlern. Umso schockierter waren die südafrikanischen Fans von der Nachricht, dass sich der Sänger umgebracht hätte. Jahre später machten sich zwei Fans auf den Weg in die USA, um Rodriguez endlich das Denkmal setzten zu können, das er verdient. Dabei mussten sie nicht nur erfahren, dass in Amerika Niemand von dem enormen Erfolg des Musikers in Südafrika zu wissen schien. Sie stießen auch auf eine unglaubliche Wahrheit, die ihre Dokumentation in eine ganz neue Richtung führte und der Musikgeschichte ein neues, faszinierendes Kapitel schenkte…
"Searching for Sugar Man" ist ein großartiger Film. Die Geschichte verfügt gerade in der zweiten Hälfte über ein paar sehr effektive Gänsehautmomente, zeigt aber gleichzeitig auch, wie gnadenlos das Musikbusiness sein kann. Besonders interessant sind dabei zwei Fragen, denen Bendjelloul nachgeht: warum war Rodriguez in den USA einfach kein Erfolg vergönnt und wo sind die Tantiemen der Albumverkäufe in Südafrika geblieben. Die erste Frage wird eher sachlich und analytisch behandelt und ist insbesondere in Hinsicht auf den Wandel von Marketing im Laufe der letzten vierzig Jahre sehr interessant. Gerade durch das Internet hätte es Rodriguez heute sicherlich leichter gehabt, seine Musik einem breiteren Publikum bekannt zu machen. Damals aber ist dies einfach auch aufgrund seines Namens, der vielen potentiellen Käufern wahrscheinlich eine ganz andere Musikrichtung suggeriert hat, nicht möglich gewesen, obwohl viele seiner Lieder wirklich ganz großartig sind.
Die Erörterung der zweiten Frage dagegen ist auf mehreren Ebenen spannend und sorgt für eines der unglaublichsten Interviews des ganzen Films. Wenn Clarence Avant, früherer Eigentümer von Sussex Records, über Rodriguez spricht, beginnt das Ganze sehr emotional. Doch sobald das Gespräch auf die Tantiemen gelenkt wirkt, ändert sich der Tonfall drastisch. Diese kurze Szene macht deutlich, wie wenig Talent eigentlich im Musikbusiness zählt. Denn Geschäft ist Geschäft und wenn es ums Geld geht, geht es nicht mehr darum, was im moralischen Sinne fair und gerecht wäre.
Für mich persönlich ist "Searching for Sugar Man" nicht nur die beste Dokumentation des Jahres, sondern auch einer der besten Filme 2012 überhaupt. Der Grund dafür liegt in seinen vielen überraschenden und wundervollen Momenten, darin, dass der Film den Zuschauer gut unterhält, sachlich interessant ist, aber auch emotional ein extrem positives Gefühl hinterlässt und schließlich auch in der Tatsache, dass Rodriguez und seine Musik durch diese Dokumentation auch außerhalb Südafrikas endlich die Aufmerksamkeit erhält, die er verdient hat. In den USA und England hat das bereits funktioniert. Dort schaffte es die Alben des Singer-Songwriters endlich in die Charts. Daher gilt: Absolut sehenswert!!
Ein Artikel von Sebastian Betzold