Die Frankfurt-Tipp Bewertung: |
Originaltitel: | Esperando a Mister Kaplan |
Genre: | Komödie, Drama |
Regie: | Alvaro Brechner |
Kinostart: | 16.07.2015 |
Produktionsland: | Spanien/Uruguay/Deutschland 2014 |
Laufzeit: | ca. 98 Min. |
FSK: | ab 0 Jahren |
Webseite: | www.facebook.com/SenorKaplan |
Jacob Kaplan (Héctor Noguera) ist frustriert: er ist 76 Jahre alt und führt ein ruhiges Leben in Montevideo. Das ist ja noch kein Grund, um unglücklich zu sein. Doch Jacob ärgert sich darüber, dass er in seinen 76 Jahren keine einzige Heldentat vollbracht hat. Die Welt ist durch ihn kein Stückchen besser geworden. Und mit diesem Gefühl kann und will er einfach nicht seinen Lebensabend bestreiten. Doch dann hört er über seine Nichte das Gerücht, dass ein deutscher Nazi seit Jahren ein sorgenfreies Leben an der Küste Uruguays führt. Nun sieht Jacob seine Chance gekommen: er will den Mann heldenhaft entlarven und seiner gerechten Strafe zuführen. Doch ganz alleine schafft er das nicht und so lässt er sich von dem Ex-Polizisten Wilson (Néstor Guzzini) bei seiner Nazijagd helfen. Tatsächlich kommen sie dem Deutschen (Rolf Becker) auf die Spur. Doch ihr Plan, ihn zu entführen und ihn den israelischen Behörden zu übergeben, erweist sich als sehr viel komplizierter, als bislang angenommen…
Mit "Señor Kaplan" versucht Regisseur Alvaro Brechner, ernsthafte Themen mit zurückhaltendem, hintergründigen Humor zu behandeln. Dabei verzichtet er fast vollständig auf allzu offensichtliche Lacher. Vielmehr setzt er auf leise Pointen, die den Zuschauer amüsiert schmunzeln lassen. Eingetaucht in wundervolle Bilder und warme Farben wird so eine gewisse Leichtigkeit erreicht, die angesichts der Motive der Geschichte nicht unbedingt zu erwarten gewesen ist. Es geht um alte Menschen, die von der Gesellschaft aufs Abstellgleis geschoben werden und verzweifelt nach einem Sinn für ihr Dasein suchen. Es geht um den verzweifelten Versuch eines Ex-Polizisten, nach einem tiefen Fall wieder auf die Füße zu kommen und somit seine zerrüttete Familie zu retten. Und schließlich geht es auch noch um die Sühnung von Nazi-Verbrechen.
Es ist Brechner hoch anzurechnen, dass er es geschafft all, all diese Themen mit einer humorvollen Leichtigkeit in das Geschehen zu integrieren, ohne seinen Film jemals zu einer platten Komödie verkommen zu lassen. Er findet eine sehr ausgewogene Balance zwischen Humor und Drama, die auch von den Darstellern sehr gut vermittelt wird. Allerdings muss auch gesagt sein, dass es gerade im Mittelteil einige sehr zähe Momente gibt, die dem Ganzen den nötigen Schwung nehmen. Etwas mehr Tempo und Esprit hätte der Inszenierung am Ende sicherlich gut getan.
Allerdings will "Señor Kaplan" auch kein Mainstream-Publikum ansprechen. Der Film ist eindeutig auf Liebhaber von subtilerer Programmkino-Kost zugeschnitten. Und die werden sich dann auch an einigen etwas sperrigeren Momenten kaum stören. Trotzdem: mit etwas mehr boshaftem Witz und etwas weniger Längen wäre der Versuch eines Rentners, auf seine alten Tage noch etwas Heldenhaftes zu vollbringen, sicherlich ganz großes Kultkino geworden. So ist das Ganze "nur" sehr nette Unterhaltung für ein Nischenpublikum. Da dies aber wirklich gut bedient wird, gibt es daher auch unterm Strich ein ganz klares: Sehenswert!
Ein Artikel von Sebastian Betzold