Die Frankfurt-Tipp Bewertung: |
Originaltitel: | Steve Jobs |
Genre: | Drama |
Regie: | Danny Boyle |
Kinostart: | 12.11.2015 |
Produktionsland: | USA 2015 |
Laufzeit: | ca. 123 Min. |
FSK: | ab 6 Jahren |
Webseite: | www.stevejobsthefilm.com/intl/de/mob |
Für Viele war Apple-Gründer Steve Jobs ein Visionär, der die Welt nachhaltig verändert hat. Für Andere war er ein selbstverliebter Tyrann, der die Menschen in seinem Umfeld wie auch seine Mitarbeiter in den Wahnsinn getrieben hat. Die Wahrheit liegt wahrscheinlich wie immer irgendwo dazwischen. Es gab schon einige Bücher und Filme, die versucht haben, sich dem Menschen und dem Mythos Steve Jobs zu nähern. Nun wagt sich auch Oscar-Preisträger Danny Boyle daran, diesen umstrittenen Menschen mit den Mitteln des Kinos zu porträtieren. Dabei hat er sich aber dagegen entschieden, ein klassisches Biopic zu inszenieren. Vielmehr konzentriert sich das Drehbuch vom mehrfach preisgekrönten Autor Aaron Sorkin auf drei prägende Momente im Leben und Schaffen von Jobs, die in einer Art virtuos dirigiertem Kammerspiel präsentiert werden.
"Steve Jobs" beobachtet die Titelfigur (Michael Fassbender) vor der Präsentation des Macintosh im Jahr 1984, von NeXT während seiner Apple-Auszeit 1988, sowie der des iMac im Jahr 1998. Die Gespräche, die Jobs in den hitzigen Minuten vor den großen Auftritten mit Menschen wie seiner Marketing-Chefin und Vertrauten Joanna Hoffman (Kate Winslet), dem Mitbegründer von Apple Steve Wozniak (Seth Rogen), seiner Ex-Geliebten Chrisann Brennan (Katherine Waterston) oder auch seinem einstigen Mentor John Sculley (Jeff Daniels) führt, sind dabei pure Fiktion. Sie sollen aber dazu dienen, den Charakter von Steve Jobs einzufangen, sowie seine berufliche Laufbahn und dessen Bedeutung einzufangen. Und das gelingt dem Film ausgezeichnet.
Bedenkt man, dass über eine Laufzeit von zwei Stunden lediglich drei Szenen zu sehen sind, in denen eigentlich nur gelaufen und gesprochen wird, ist Danny Boyle sowohl in ästhetischer, als auch in dramaturgischer Hinsicht ein extrem mitreißender und unterhaltsamer Film gelungen. Der Look verändert sich von Szene zu Szene, wobei ein eher grobkörniges Bild in der 84er Sequenz das Geschehen dominiert, während die dritte Szene – wie auch das dort Präsentierte Produkt, dem technisch deutlich überlegen ist. So wird der technische Fortschritt hier eben nicht nur dramaturgisch, sondern auch schon visuell verdeutlicht. Lange Kamerafahrten, die das hektische Treiben hinter den Kulissen einer solchen Produktpräsentation perfekt einfangen, sorgen ebenfalls dafür, dass die Inszenierung trotz der räumlichen Beschränkung groß und einer Kinoleinwand würdig wirkt.
Doch das Herzstück des Films ist das großartige Drehbuch, dessen Cleverness, Biss und Witz auch sehr gut ins Deutsche übertragen wurde. Die Dialogduelle, die sich die Protagonisten hier liefern, sind extrem mitreißend und funktionieren auch deshalb so gut, da sie von den Darstellern erstklassig vom Papier auf die Leinwand transportiert werden. Jede Szene zwischen Michael Fassbender und Kate Winslet ist ein Hochgenuss, Seth Rogen darf zeigen, dass er wirklich schauspielern kann und Jeff Daniels sorgt mit seinem Auftauchen für einige der stärksten Momente des ganzen Films. Zugegeben, "Steve Jobs" mag kein Unterhaltungsfilm im klassischen Sinne des Wortes sein, kein Werk für ein Massenpublikum, dem es weniger bei Dialogen, sondern eher bei dem Rest der Handlung nach Tempo dürstet. Doch wer erstklassig geschriebenes Schauspielerkino schätzt, der bekommt hier cineastischen Hochgenuss geboten.
Mag sein, dass man dem Film Ungenauigkeiten bei der Darstellung von Sachverhalten oder von Personen vorwerfen kann. Es mag auch sein, dass Zuschauer, die eher ein klassisches Biopic erwartet haben, von dieser reduzierten Dramaturgie enttäuscht sind. Doch das ändert nichts an der Tatsache, dass Danny Boyle einen in handwerklicher wie schauspielerischer Hinsicht großartigen Film gedreht hat, der mit seinem intelligenten Drehbuch über alle anderen Kritikpunkte hinwegtrösten kann. Kopfkino im besten Sinne des Wortes und daher auch: Absolut sehenswert!
Ein Artikel von Sebastian Betzold