Die Frankfurt-Tipp Bewertung: |
Genre: | Drama, Komödie |
Regie: | Michael Bully Herbig |
Kinostart: | 29.09.2022 |
Produktionsland: | Deutschland 2022 |
Laufzeit: | ca. 93 Min. |
FSK: | ab 12 Jahren |
Webseite: | www.facebook.com/WarnerBrosDE |
Der freie Journalist Juan Romero (Elyas M'Barek) arbeitet für ein großes Polit-Magazin an einer großen Story über Migranten an der Grenze zwischen Mexiko und den USA. Romero weiß: Ein solcher Artikel könnte ihn beruflich ganz weit nach vorne bringen. Umso enttäuschter ist er, als er die Anweisung erhält, dass er für die Titelgeschichte mit dem preisgekrönten Reporter Lars Bogenius (Jonas Nay) zusammenarbeiten soll. Als er in dessen Teil auf etliche Ungereimtheiten stößt, bekommt er von Bogenius nur Ausflüchte zu hören. Auch die Chefetage des Magazins will von Romeros Zweifeln nichts hören. So beschließt der Reporter, der Sache selbst auf den Grund zu gehen. Und dafür riskiert er nicht nur, seinen Job zu verlieren, sondern auch seine Familie und seinen guten Ruf…
Mit "Tausend Zeilen" liefert Michael "Bully" Herbig auf seine ganz eigene Weise den Skandal um den Spiegel-Redakteur Claas Relotius auf. Die Mischung aus Drama und Komödie passt zu der Geschichte eigentlich sehr gut. Zwar sind Stilmittel wie das Durchbrechen der vierten Wand, bei dem sich die Figuren im Film direkt an die Zuschauer wenden, mittlerweile etwas überstrapaziert. Doch als augenzwinkernder Kommentar zu dem wahren Skandal funktioniert das eigentlich sehr gut.
Dass mich der Film insgesamt etwas enttäuscht hat, lag sicherlich auch daran, dass ich den Vorgänger "Ballon" so extrem stark fand. In meinen Augen ist das Drama mit Abstand Michael "Bully" Herbigs stärkster Film, der Unterhaltung auf ganz hohem Niveau bietet. Da kann "Tausend Zeilen" leider nicht mithalten. Doch auch ohne diesen Vergleich hinterlässt der Film einen etwas zwiespältigen Eindruck. Herbig nimmt sich sehr viel Zeit für den Story-Aufbau, was er handwerklich auch wirklich sehr gut macht. Doch das Ende kommt dann etwas zu gehetzt daher und gipfelt dann in einem Loblied auf investigative Pressearbeit, das eigentlich völlig unnötig ist. Denn der Film hat zuvor mehr als deutlich gemacht, welche Form des Journalismus er ablehnt und welchen er für gesellschaftlich äußerst wichtig ersieht.
Schauspielerisch kann der Film auch nicht 100%ig überzeugen. Elyas M'Barek wagt sich zu wenig aus seiner Komfortzone heraus, wodurch sich seine Darstellung des Juan Romero zu sehr den Charakteren ähnelt, die er zuletzt in seinen zahlreichen Erfolgskomödien gespielt hat. Dabei hat er in der Vergangenheit schon öfters bewiesen, dass er vielseitiger sein kann (man denke da nur an den großartigen Thriller "Who am I"). Nebendarsteller wie Michael Maertens spielen zwar gut, laufen aber Gefahr, dass ihre Figuren zu reinen Karikaturen verkommen.
Ich halte "Tausend Zeilen" für einen guten, stellenweise auch sehr guten Film, der allerdings viel Potential verschenkt. Visuell spielt Herbig auch hier wieder in der internationalen Königsklasse, aber dramaturgisch hätte einfach noch mehr aus dem Stoff herausgeholt werden können. Daher gibt es unterm Strich ein ordentliches, aber leider nicht ganz so begeistertes "Sehenswert", wie ich es nach dem Trailer erhofft hatte.
Ein Artikel von Sebastian Betzold