Die Frankfurt-Tipp Bewertung: |
Originaltitel: | Taxi |
Genre: | Komödie, Drama |
Regie: | Jafar Panahi |
Kinostart: | 23.07.2015 |
Produktionsland: | Iran 2014 |
Laufzeit: | ca. 86 Min. |
FSK: | ab 0 Jahren |
Webseite: | www.taxi.weltkino.de |
Für den gefeierten iranischen Filmemacher Jafar Panahi ist seine Arbeit eine Berufung und seine Kunst ein wichtiges Werkzeug, um seine Stimme gegen Unterdrückung und Ungerechtigkeit zu erheben. Das hat ihm in der Vergangenheit schon viel Ärger eingebracht. Eine Gefängnisstrafe und ein 20jähriges Berufs-, Ausreise- und Interviewverbot aufgrund von "Propaganda gegen das System" wurden bereits verhängt. Doch das hält Panahi nicht davon ab, weiter Filme zu machen und seine Botschaft in die Welt hinaus zu tragen. Mit "Taxi Teheran" möchte er ein liebevolles Porträt seiner Heimat und ihrer Menschen zeichnen, spart dabei aber natürlich auch nicht mit Systemkritik. Der fertige Film wurde dann nach Deutschland geschmuggelt, wo er gleich den Goldenen Bären für den besten Film bei der 65. Berlinale gewann.
Wenn ein Filmemacher ein solches Engagement und eine derart große Leidenschaft für seine Kunst offenbart und sein Film dann auch noch eine Leichtigkeit offenbart, die angesichts der schwierigen Umstände völlig überraschend daher kommt, dann muss man ein solches Werk und seinen Schöpfer natürlich mit Lob überschütten. Kein Wunder also, dass die Kritiken sich überschlagen und es eigentlich nur positive Stimmen zu "Taxi Teheran" gibt. Das soll natürlich auch gewürdigt werden. Denn auch wenn der politische Aspekt in die Beurteilung mit hineinspielt, so kann man ihn nicht gänzlich für die vielen Lobeshymnen verantwortlich machen. Dennoch fällt es mir aus mehreren Gründen schwer, mich der allgemeinen Begeisterung für diesen Film anzuschließen.
Da wären zum einen die einzelnen kleinen Episoden, aus denen diese Taxifahrt durch Teheran besteht. Ob ein Fan des Filmemachers, der illegal mit im Iran verbotenen Filmen und Serien dealt, von Woody Allen bis zu "Walking Dead", Panahi zu seinem Komplizen machen möchte oder eine Frau um ihren bei einem Unfall verletzten Mann bangt, nur um sich dann größere Sorgen um ihre finanzielle Zukunft zu machen oder ob die Nichte des Filmemachers vom Beifahrersitz aus ihr eigenes Kurzfilmprojekt für die Schule verwirklichen möchte – es ist schon ein buntes Kaleidoskop an Charakteren, die mit dem Taxi durch Teheran kutschiert werden. Und so amüsant oder charmant die meisten dieser Menschen auch sein mögen, so ziehen sich ihre Handlungsstränge doch viel zu oft unnötig in die Länge. Was sehr nett und durchaus auch unterhaltsam beginnt, wirkt irgendwann nur noch nervig und auch mit allem Wissen um die politische Brisanz irgendwie belanglos. Zudem ist das Konzept nicht neu, erinnert es doch stark an die Reality-Show "Taxicab Confessions" oder die wunderbare Parodie, die Komiker Chris Rock einst für seine HBO-Show inszeniert hat. Panahis Stil als besonders originell und unverfälscht zu loben, ist daher in meinen Augen arg übertrieben.
Ein weiteres Problem ist der Umgang mit Jafar Panahi selbst. Es wird von den Fahrgästen etwas zu oft darauf hingewiesen, was für ein großartiger Filmemacher er doch ist. Auch wenn er tatsächlich gerade für viele seiner Landsleute ein wichtiger Künstler mit großem Talent ist, so wirkt das Ganze nicht, wie vielleicht beabsichtigt, selbstironisch, sondern schmeckt etwas zu sehr nach Selbtsbeiweihräucherung. Sicherlich, wer einen Blick auf den Iran abseits der zur Zeit gängigen negativen Klischees sehen möchte, ohne dass dabei die Probleme im Land verschwiegen oder beschönigt werden, der wird in "Taxi Teheran" vielleicht tatsächlich das Meisterwerk erkennen, dass die meisten Kritiker in dem Berlinale-gewinner sehen. Wer aber auf Unterhaltung im klassischen Sinne, oder zumindest auf wirklich mitreißende Unterhaltungen hofft, der könnte von dieser Taxifahrt schnell nicht nur gelangweilt, sondern sogar genervt sein. Daher gibt es nur mit Vorbehalten hier ein vorsichtiges: Sehenswert!
Ein Artikel von Sebastian Betzold