Die Frankfurt-Tipp Bewertung: |
Originaltitel: | Tenet |
Genre: | Action, Mystery, Fantasy |
Regie: | Christopher Nolan |
Kinostart: | 27.08.2020 |
Produktionsland: | USA 2020 |
Laufzeit: | ca. 150 Min. |
FSK: | ab 12 Jahren |
Webseite: | www.warnerbros.de/ |
Das ist eine ganz schöne Last, die da auf "Tenet", dem neuen Film von Christopher Nolan ("Dark Knight", "Inception"), liegt. Es ist die erste Blockbuster-Produktion, die seit dem Beginn der Corona-Pandemie in die Kinos kommt. Für Studios wie für Betreiber von Filmtheatern ist der Film ein Hoffnungsschimmer: Sollte es gelingen, genügend Zuschauer in die arg gebeutelten Kinos zu locken, so dass die 200 Millionen Dollar Produktion Profit abwirft, könnte das andere Studios dazu bewegen, weitere Prestigeprojekte zu veröffentlichen und nicht weiter zu verschieben. Davon abgesehen ist es endlich einmal wieder ganz großes Kino dort, wo es hingehört. Und das tut einfach verdammt gut!
Über den Inhalt soll nicht zu viel verraten werden. Grob gesagt geht es in "Tenet" darum, dass der mysteriöse Held (John David Washington), der nur der Protagonist genannt wird, einen mächtigen Waffenhändler (Kenneth Branagh) davon abhalten soll, dass Ende der Welt herbeizuführen. Und dafür werden die Gesetze der Zeit, wie wir sie kennen, außer Gefecht gesetzt. Mehr solltet Ihr vor dem Kinobesuch nicht wissen. Denn "Tenet" lebt nicht nur von großartigen Bildern, sondern auch von dem Geheimnis um die Story, die zugegebenermaßen etwas verwirrend daher kommt. Wer dachte, "Inception" sei mit seinen verschiedenen Traum-Ebenen schon kompliziert zu entwirren gewesen, der könnte sich an diesem Werk durchaus die Zähne ausbeißen – zumindest stellenweise.
Ein Film zum entspannten Hirnausschalten ist dies nicht. Man muss von Anfang an aufmerksam bleiben und auch auf Kleinigkeiten achten, die am Ende noch eine Rolle spielen könnten. Das macht das Ganze ein klein wenig sperrig, aber insgesamt nicht weniger genial. Nolan schafft es eindrucksvoll, ein bekanntes Element wie Zeitreisen (im weitesten Sinne) zu nehmen und etwas ganz Eigenes daraus zu machen – sowohl dramaturgisch, als auch visuell. Eine Sequenz sticht dabei besonders hervor: eine großartige Actionsequenz, in der die Zeit gleichzeitig vorwärts und rückwärts läuft. Dass Nolan bei der Umsetzung dieses ambitionierten Projekts kaum auf CGI-Effekte zurückgegriffen hat, sondern vornehmlich praktische Effekte an realen Drehorten zum Einsatz gebracht hat, verleiht dem Film trotz seiner nicht ganz realistischen Story eine authentische Note, wovon der Gesamteindruck deutlich profitiert.
Auch schauspielerisch ist der Film ganz großes Kino – was keine Selbstverständlichkeit ist. John David Washington kann als Protagonist in jeder Sekunde überzeugen, Robert Pattinson war noch nie so sympathisch und erwachsen wie hier und Kenneth Branagh gibt einen verdammt guten, tiefgründigen Bösewicht. Durch das gute Ensemble, zu dem auch eine unterkühlt und dennoch sehr emotional agierende Elizabeth Debicki gehört, funktioniert das Ganze nicht nur in den zahlreichen Actionsequenzen (gleich die Eingangssequenz ist in dieser Hinsicht spektakulär), sondern auch in den ruhigeren Charaktermomenten.
Ich habe mich nach meiner ersten Begeisterung ehrlich gefragt, ob mein extrem positiver Eindruck von "Tenet" vielleicht dadurch intensiviert worden ist, dass ich als großer Kino-Liebhaber glücklich war, den ersten richtig großen Kinofilm seit März auf der großen Leinwand sehen durfte. Ja, keine Frage, das hat durchaus mit hineingespielt in den Umstand, dass dies für mich eine besondere Vorführung war. Trotzdem: Auch völlig losgelöst von der Bedeutung, die dieser Film für die ganze Branche hat, ist "Tenet" einfach ein großartiges Werk: Man merkt, dass hier ein Regisseur zugange war, der das Kino liebt, der aber nicht nur tolle Bilder und rasante Action, sondern auch intellektuelle Herausforderungen bieten möchte. Das ist ihm seit "Memento" mehrfach gelungen und das klappt auch bei "Tenet" wieder erstklassig – vorausgesetzt natürlich, man ist bereit, sich darauf einzulassen.
Wer Filme wie "Inception" mag und wer sich auf Geschichten einlassen kann, die nicht ganz in der Realität verankert sind, der sollte sich dieses Werk im Kino nicht entgehen lassen – denn "Tenet" gehört einfach auf die große Leinwand. Absolut sehenswert!
Ein Artikel von Sebastian Betzold