Die Frankfurt-Tipp Bewertung: |
Originaltitel: | The Danish Girl |
Genre: | Drama |
Regie: | Tom Hooper |
Kinostart: | 07.01.2016 |
Produktionsland: | Großbritannien/USA 2015 |
Laufzeit: | ca. 119 Min. |
FSK: | ab 12 Jahren |
Webseite: | www.facebook.com/danish.girl.DE |
Kopenhagen in den 1920ern: Einar Wegener (Eddie Redmayne) und seine Frau Gerda (Alicia Vikander) leben als Künstlerehepaar ein zufriedenes, glückliches Leben. Einar hat durch seine Landschaftsmalerei eine gewisse Popularität erreicht, die Gerda mit ihren Porträts bislang verwehrt blieb. Das ändert sich, als Gerda dringend ein noch unfertiges Porträt abliefern muss und sie Einar bittet, als Model einzuspringen. Zunächst sträubt er sich dagegen, im Kleid für seine Frau zu posieren. Doch nicht nur, dass das Bild beim Käufer auf Begeisterung stößt. Auch Einar findet mehr und mehr daran Gefallen, sich in "Lili" zu verwandeln. Für Gerda ist das zunächst ein amüsantes Spiel. Doch langsam erkennt auch sie, dass für Einar mehr dahinter steckt. Er hat in Lili sein wahres Selbst gefunden und will fortan als Frau leben. Im toleranteren Paris wollen Gerda und Lili das gemeinsam versuchen. Doch obwohl hier Gerdas Karriere in ungeahnte Höhen aufsteigt, droht die Liebe zwischen den Beiden an Einars neuem Leben als Lili zu zerbrechen – bis Lili eine drastische Entscheidung trifft…
Mit "The Danish Girl" widmet sich Regisseur Tom Hooper nach "The King`s Speech" erneut einem historischen Stoff. Basierend auf wahren Ereignissen erzählt er die Geschichte von Lili Elbe und ihrem schwierigen Weg als transgender Frau. Auch wenn es heute zumindest aus medizinischer Sicht kein allzu großes Problem mehr ist, einem Menschen, der sich im falschen Körper geboren fühlt, das Geschlecht zu geben, das er oder sie sich wünscht, so steht aller Aufgeklärtheit die Toleranz gegenüber transgender Menschen noch immer auf recht wackeligen Beinen. Es ist also nicht schwer vorstellbar, welchen Anfeindungen sich eine transgender Frau wie Lili Elbe vor knapp hundert Jahren ausgesetzt sah und welchen Mut (und auch welche Verzweiflung) es bedurft hatte, um sich für eine so gefährliche Operation wie eine Geschlechtsumwandlung zu entscheiden.
Oscar-Preisträger Eddie Redmayne spielt die im falschen Körper geborene Künstlerin mit all ihrer Zerrissenheit wirklich großartig. Dank seines sehr sensiblen Spiels merkt man anfangs deutlich, wie sehr Einar aufblüht, wenn er sich in Lili verwandeln darf und wie unglücklich er darüber ist, dass dies nur eine Rolle ist, die er für die Außenwelt auch wieder ablegen muss. Den Weg dorthin, dass Lili eben nicht mehr nur eine Rolle, sondern seine wahre Identität wird, zeichnet Redmanye sehr glaubhaft nach. Er veranstaltet hier keine Travestie-Show, sondern porträtiert einen Menschen, der als Frau den inneren Frieden zu finden hofft, der ihr als Mann verwehrt bleibt.
Hooper hätte sich in der Verfilmung von David Ebershoffs gleichnamigen Bestseller völlig auf Lili konzentrieren können. Es wäre ein leichtes gewesen, sich auf die Wirkung zu verlassen, die Redmaynes Spiel ausstrahlt. Dadurch wäre der Film sicherlich interessant, aber längst nicht so sehenswert und emotional geworden, wie er es letztendlich ist. Das ist der Tatsache geschuldet, dass eigentlich Gerda im Mittelpunkt der Geschichte steht. Sie ist eine extrem spannende Figur: eine Frau, hin und her gerissen zwischen aufopferungsvoller Liebe und Trauer darüber, ihre große Liebe zu verlieren. Sie ist tolerant und bewundert Lilis Mut, wünscht sich für sie alles Glück der Welt, auch wenn das für sie bedeutet, dass sie ihren Einar gehen lassen muss. Alicia Vikander spielt diese Rolle absolut bravourös und verhindert so, von Eddie Redmayne völlig in den Hintergrund gespielt zu werden. Sicherlich, Redmaynes Darstellung zieht mehr Aufmerksamkeit auf sich. Doch in Sachen Intensität und Überzeugungskraft steht ihm Vikander hier in Nichts nach – im Gegenteil.
Gerade dadurch, dass Hooper nicht nur Lilis Geschichte, sondern auch die von Gerda, erzählt, wird "The Danish Girl" zu einem sehr vielschichtigen und bewegenden Werk. Die sehr stimmungsvolle Ausstattung, die guten Nebendarsteller und die schöne Filmmusik tragen zudem dazu bei, dass ein sehr positiver Gesamteindruck entsteht. Allerdings muss bei allem Lob angemerkt werden, dass es einige Szenen gibt, die etwas zu getragen umgesetzt sind, wodurch kleinere Längen entstehen. Zudem läuft der Film hier und da Gefahr, trotz aller Sensibilität etwas schwülstig zu werden. Wer eine ruhige Charakterstudie, eine sehr bewegende Liebesgeschichte und ein atmosphärisch ausgestattetes Künstler-Drama sehen möchte, der kommt aber trotz einiger kleiner Abzüge in der B-Note voll und ganz auf seine Kosten. Und deshalb gibt es unterm Strich auch ein ganz klares: Sehenswert!
Ein Artikel von Sebastian Betzold