Die Frankfurt-Tipp Bewertung: |
Originaltitel: | The Hateful 8 |
Genre: | Abenteuer, Thriller |
Regie: | Quentin Tarantino |
Kinostart: | 28.01.2016 |
Produktionsland: | USA 2015 |
Laufzeit: | ca. 168 Min. |
FSK: | ab 16 Jahren |
Webseite: | www.thehateful8.de |
Nach dem großen Erfolg von "Django Unchained" ist Quentin Tarantino auch bei seinem achten Spielfilm dem Western-Genre treu geblieben. Doch auch wenn es dadurch einige kleinere Parallelen geben mag, könnten die Filme unterschiedlicher nicht sein. Denn "The Hateful Eight" ist in erster Linie ein von seinen Dialogen und seinem großartigen Ensemble getragenes Kammerspiel, das fast ausschließlich in einer Kutsche und danach in einem Kleinwarenladen spielt. Nur gelegentlich wird das Geschehen nach außen getragen, wo die Bilder des verschneiten Colorado (das als "Double" für Wyoming diente) für Momente atemberaubender Schönheit sorgen.
Die Geschichte des fast dreistündigen Films ist sehr einfach: Der Kopfgeldjäger John "The Hangman" Ruth (Kurt Russell) will die Gefangene Daisy Domergue (Jennifer Jason Leigh) in die Stadt Red Rock bringen. Einen bedrohlichen Schneesturm im Nacken sammelt Ruth auf dem Weg noch Major Marquis Warren (Samuel L. Jackson) und den Südstaaten-Deserteur Chris Mannix (Walton Goggins), der vorgibt der neue Sheriff von Red Rock zu sein, auf. Gemeinsam schaffen sie es bis zu Minnies Kleinwarenladen, bevor sie der Schneesturm einholt. Hier müssen sie nun mit dem Mexikaner Bon (Demian Bichir), dem Cowboy Joe Gage (Michael Madsen), dem Konföderierten-General Sandford Smithers (Bruce Dern) sowie dem Henker Oswaldo Mobray (Tim Roth) abwarten, bis sich der Sturm gelegt hat. Doch im vermeintlichen Schutz des kleinen Ladens offenbart sich mehr und mehr, dass die acht Fremden sich hier nicht ganz zufällig getroffen haben – und dass auf einige von ihnen hier drinnen der sichere Tod wartet…
"The Hateful Eight" ist gerade im letzten Akt ein typischer Tarantino. Wenn das Ganze nach knapp zwei Stunden, in denen fast ausschließlich geredet wurde, in einem herrlich überzogenen Blutbad gipfelt, läuft der Meister wahrlich zur Hochform auf. Doch auch in den beiden Stunden davor hat der Film einen sehr hohen Unterhaltungswert. Trotz der eher kammerspielartigen Inszenierung wirkt das Werk nie wie ein abgefilmtes Theaterstück. Tarantino beweist ein echtes Händchen dafür, auch aus sehr beengten Räumen visuell ganz große Kinoqualität herauszuholen. Und auch wenn die Dialoge nicht zu dem Besten gehören, was er bislang geschrieben hat, so stecken sie doch wie man es von ihm gewohnt ist voller Witz und Hintergründigkeit. Und wenn sie dann auch noch so wunderbar vorgetragen werden, wie von diesem exzellenten Ensemble, dann macht das einfach richtig viel Spaß.
Natürlich kann man Tarantino wie so oft auch hier wieder vorwerfen, dass er eigentlich nur Versatzstücke aus anderen Filmen zusammengeklaut hat. Wenn inmitten einer Gruppe (vermeintlich) Fremder ein Mord geschieht, dann erinnert das doch sehr an die Krimis von Agatha Christie. Und sehr frei interpretiert gibt es sogar Parallelen zu einem anderen Film mit Kurt Russell, in dem er – völlig eingeschneit – herausfinden musste, wer von den Menschen um ihn herum lügt und eine tödliche Gefahr darstellt. Die Rede ist natürlich von dem Horror-Klassiker "Das Ding aus einer anderen Welt", von dem sich Tarantino zumindest die klaustrophobische Atmosphäre abgeguckt zu haben scheint. Es gibt noch zahlreiche andere Aspekte des Films, in denen man offensichtliche Inspirationsquellen erkennen könnte. Doch wie schon in seinen früheren Filmen kann man Tarantino auch hier nicht den Vorwurf machen, dass er einfach nur ein billiges Plagiat abgeliefert hat und sich seine Geschichte zusammengeklaut hat. Vielmehr merkt man dem Film in jeder Sekunde an, wie sehr Quentin Tarantino das Kino liebt und wie perfekt er es versteht, all seinen großen Vorbildern Tribut zu zollen.
Das wird schon alleine dadurch deutlich, dass er es geschafft hat, Altmeister Ennio Morricone dazu zu bringen, eine neue Filmmusik für ihn zu komponieren. Aber auch die im 70mm-Format auf echtem Film gedrehten Bilder sind ein eindrucksvolles und auch wunderschönes Zeugnis für Tarantinos Liebe zum Kino. Auch wenn es nur noch wenige Filmtheater gibt, die den Film in diesem Format zeigen können und die meisten Zuschauer mit einer digitalen Kopie vorlieb nehmen müssen, ist "The Hateful Eight" visuell wahrlich ein Meisterwerk. Dramaturgisch dagegen ist es zwar nicht die beste von Tarantinos bislang acht Regie-Arbeiten. Doch auch mit einigen Längen und einem gewissen Wiedererkennungswert der Story (zumindest bis zum letzten Akt) ist der Film noch immer ganz großes Unterhaltungskino. Und dafür gibt es dann auch – mit kleinen Abzügen in der B-Note – die Bestwertung: Absolut sehenswert!!
Ein Artikel von Sebastian Betzold