Die Frankfurt-Tipp Bewertung: |
Originaltitel: | The Nest |
Genre: | Drama |
Regie: | Sean Durkin |
Kinostart: | 08.07.2021 |
Produktionsland: | Großbritannien / Kanada 2020 |
Laufzeit: | ca. 107 Min. |
FSK: | ab 12 Jahren |
Webseite: | www.ascot-elite.de/ |
1986: Rory (Jude Law), erfolgreicher Broker und ehrgeiziger Unternehmer, lebt mit seiner Frau Allison (Carrie Coon) und den gemeinsamen Kindern in einer wahren Vorstadtidylle in den USA. Hier haben sie eigentlich alles und sind extrem glücklich. Dennoch ist Rory überzeugt davon, dass er in seiner alten Heimat England noch viel erfolgreicher sein kann. Er überredet Allison dazu, die Staaten zu verlassen und auf ein entlegenes englisches Landgut zu ziehen. Auch das wirkt auf den ersten Blick paradiesisch, zumal Allison hier auch genügend Platz für ihr geliebtes Pferd hat. Doch beruflich läuft es für Rory nicht ganz so, wie geplant. Angetrieben von dem Willen, immer mehr haben zu wollen, verrennt er sich zunehmend, was zu einer immer größeren Belastungsprobe für seine Familie wird…
Mit "The Nest" hat Regisseur Sean Durkin am Beispiel einer Familie ein bitterböses Gesellschaftsdrama inszeniert, das die Gier nach Geld und Erfolg lustvoll dekonstruiert. Der Film zeigt, besonders eindrucksvoll, wie sich das nach außen hin glückliche Ehepaar immer mehr in einem passiv-aggressiven Verhalten voneinander entfernen, bevor der langsam aufkochende Konflikt letztendlich ausbricht. Das ist nicht nur von Jude Law und Carrie Coon hervorragend gespielt, sondern auch äußerst gut geschrieben und elegant inszeniert. Symbolträchtige Bilder, die einerseits schön, aber andererseits auch bedrohlich wirken, verleihen dem Film eine ganz besondere Atmosphäre, die das Publikum trotz eines eher gemächlichen Erzähltempos schnell gefangen nimmt.
Wirklich interessant ist die gegensätzliche Entwicklung der Figuren. Während Rory an seinem destruktiven Ego zu zerbrechen droht, findet Allison nach und nach die Kraft, nicht mehr mit ihrem Gatten mitzulaufen, sondern sich ihm entgegenzustellen. Es ist auf eine fast schon verstörende Art faszinierend mit anzusehen, wie Rory verzweifelt versucht, den schönen Schein aufrecht zu erhalten und sich gerade dadurch immer mehr ins moralische, finanzielle und zwischenmenschliche Abseits befördert. Er ist derart getrieben von Gier, dass er auch mögliche Auswege aus seiner Situation nicht erkennen kann (und will). Welche Folgen das für seine Familie haben kann, das scheint er dabei völlig auszublenden.
Das ganze gipfelt in einer großartigen Abschlusssequenz, die gerade deshalb so gut funktioniert, da sie die Erwartungen des Publikums nicht erfüllt. Mehr soll dazu nicht gesagt werden. Vor dem abschließenden Fazit muss nur noch einmal das extrem gute Spiel von Carrie Coon und Jude Law hervorgehoben werden, ohne das dieser Film nur halb so gut funktioniert hätte. Wer intensive Dramen über Moral, Vertrauen und Familie mag, der sollte sich "The Nest" nicht entgehen lassen. Absolut sehenswert!
Ein Artikel von Sebastian Betzold