Die Frankfurt-Tipp Bewertung: |
Originaltitel: | Les Olympiades |
Genre: | Drama |
Regie: | Jacques Audiard |
Kinostart: | 07.04.2022 |
Produktionsland: | Frankreich 2021 |
Laufzeit: | ca. 105 Min. |
FSK: | ab 16 Jahren |
Webseite: | www.neuevisionen.de/de/filme/wo-in-p |
In Paris treffen Träume und Sehnsüchte auf die Dramen des realen Lebens: Als der junge Lehrer Camille (Makita Samba) als Mitbewohner zu Émilie (Lucie Zhang) zieht, entwickelt sich zwischen den Beiden schnell eine leidenschaftliche Affäre. Während Émilie davon ausgeht, dass sich daraus eine Beziehung entwickelt, ist es für Camille nicht mehr als Sex. Denn für Liebe sei er einfach nicht gemacht. Als das Verhältnis zwischen ihnen dadurch zu kompliziert wird, zieht Camille kurzerhand wieder aus. Kurze Zeit später trifft er Nora (Noémie Merlant), die seine Einstellung zum Thema Liebe ändern könnte. Eigentlich war Nora nach Paris zu kommen, um ihr Jura-Studium wieder aufzunehmen. Doch als sie von ihren Kommilitonen mit dem Pornostar Amber Sweet (Jehnny Beth) verwechselt wird, ist an ein vernünftiges Studium nicht mehr zu denken. Während sie von Camille umschwärmt wird, fasst Nora einen Entschluss: Sie möchte Amber Sweet persönlich kennenlernen…
Mit "Wo in Paris die Sonne aufgeht" zeigt Jacques Audiard ein Bild vom Leben in Paris, das sich von den übrigen "Stadt der Liebe"-Darstellungen, die man sonst so im Kino zu sehen bekommt. Doch gerade in ihrer Natürlichkeit zeichnen die in Schwarzweiß gehaltenen Aufnahmen ein faszinierendes und durchaus auch bezauberndes Bild von Paris. In diesem visuellen Setting entfalten sich die einzelnen Geschichten um die manchmal sehr schwierige Suche nach Liebe und die Fallstricke des digitalen Zeitalters auf unaufgeregte und gerade dadurch absolut mitreißende Art und Weise. Audiards Film ist rau, oft das genaue Gegenteil von romantisch, dabei aber immer wieder überraschend zärtlich, fast poetisch und ganz nah am Leben.
Ob es die Darstellung von Sex ist oder das Beobachten ganz normaler Gespräche – alles wirkt irgendwie echt, unverkrampft und natürlich. Zudem gelingt ihm immer wieder der gekonnte Spagat zwischen Drama und Leichtigkeit. Wenn etwa Nora in der Uni bloßgestellt wird, da plötzlich alle in ihr nur eine Pornodarstellerin sehen, trifft ihre Hilflosigkeit einen wirklich ins Herz, da man merkt, dass sich ihre Träume von einem Moment auf den anderen in Rauch auflösen. Später aber gibt es eine Szene, die mit leichtem Humor zeigt, wie stark Nora aus dieser Situation hervorgeht. Und das ist einfach wunderbar!
"Wo in Paris die Sonne aufgeht" ist ein Film über das Leben und die Liebe, über Selbstbestimmung, Freiheit und Einsamkeit. Mal traurig, mal prickelnd, mal luftig leicht, dann wieder dramatisch schwer. Eben so, wie das echte Leben. Wer europäisches Arthousekino schätzt, der sollte sich diesen Film nicht entgehen lassen. Absolut sehenswert!
Ein Artikel von Sebastian Betzold