Die Frankfurt-Tipp Bewertung: |
Genre: | Dokumentarfilm |
Regie: | Thomas Frickel |
Kinostart: | 24.05.2018 |
Produktionsland: | Deutschland 2017 |
Laufzeit: | ca. 101 Min |
FSK: | ab 12 Jahren |
Webseite: | www.realfictionfilme.de |
Als am 22. Dezember 1991 in der Nähe von Heidelberg ein Flugzeug abstürzte, starben 28 Menschen. Unter ihnen auch der Künstler Martin Kirchberger, der das Flugzeug für sich und seine Crew gechartert hatte, um letzte Aufnahmen für den satirischen Kurzfilm "Bunkerlow" zu drehen. Die Tragödie sitzt den drei Überlebenden und den Hinterbliebenen der Opfer auch heute noch tief in den Knochen. Dennoch hat sich Filmemacher Thomas Frickel dazu entschlossen, die Ereignisse nach 25 Jahren aufzuarbeiten und seinem Freund Martin Kirchberger und der Künstlergruppe "Cinema Concetta" eine bewegende, unterhaltsame und mitreißende Hommage zu schenken. Das Ergebnis ist die wunderbare Dokumentation "Wunder der Wirklichkeit", die Frickel ganz im Geist der "Cinema Concetta" inszeniert hat.
Frickel schafft es dabei sehr gut, sowohl die spezielle Komik der Künstlergruppe einzufangen, als auch sehr sensibel die traurigen Umstände des Unglücks nachzuzeichnen. Es ist ein sehr persönlicher Film, was Frickel auch von Anfang an klar macht. Aber genau deshalb funktioniert er auch so gut. Ohne jede Form von Sensationslust nimmt Frickel seine Zuschauer mit auf eine Reise zu den Anfängen eines künstlerischen Freigeistes, der zusammen mit einigen Gleichgesinnten gegen den gesellschaftlichen Strom einer spießigen 80er Jahre Kleinstadt geschwommen ist. Sein Humor und seine Lebensfreude haben auf die Menschen in seinem Umfeld abgefärbt und seine Kunstaktionen haben für Aufsehen gesorgt.
In Interviews erzählen Wegbegleiter, Freunde und Familie von dem Menschen Martin Kirchberger, von der Arbeit der "Cinema Concetta" und von der Zeit, in der diese Künstlergruppe zunächst eher erfolglos agiert hat. Die Ironie des Schicksals wollte es, dass es der erste Erfolg gewesen ist – die Bewilligung von Filmförderung für "Bunkerlow" – der es Kirchberger ermöglicht hat, das Flugzeug zu chartern, in dem er und 27 weitere Menschen gestorben sind. Es ist der schwerste Unfall, der sich bei Filmdreharbeiten in Deutschland jemals ereignet hat und nur sehr wenige Menschen wissen davon. Das möchte Frickel mit seinem Film ändern.
"Wunder der Wirklichkeit" ist bewegend, aber auch witzig, informativ und unterhaltsam. Ein zutiefst menschlicher Film, der eine wunderbare Hommage eines Filmemachers an einen guten Freund und geschätzten Kollegen, aber auch eine Huldigung an die Möglichkeiten des künstlerischen Ausdrucks geworden ist. Eine rundum sehenswerte Dokumentation also!
Ein Artikel von Sebastian Betzold