Manchmal lohnt es sich, beim Spazieren durch die Straßen unserer Stadt den Blick nach oben zu richten. Das habe ich 2013 gelernt, als zahlreiche Häuserfassaden im Rahmen einer Ausstellung der Schirn über brasilianische Streetart zu temporären Kunstwerken wurden. In Frankfurt gibt es immer wieder – mal temporär, mal dauerhaft – tolle Wandgemälde, sogenannte Murals, und großflächige Graffitikunstwerke. Wir haben sogar ein Haus in unserer Stadt, das seinen Namen seiner Wandbemalung verdankt. Die Rede ist natürlich vom „gemalten Haus“ in Sachsenhausen. Ich möchte Euch heute auf einen Spaziergang (oder gerne auch eine Radtour) zu einigen besonders sehenswerten Werken, die auch tolle Fotomotive sind, mitnehmen und Euch daneben noch ein paar weitere besondere Wandgemälde vorstellen. Seid Ihr bereit? Dann geht’s jetzt los:
Kunst an der Hauswand – Eine Tour
Wer über die Miquelallee in die Stadt hinein oder aus Frankfurt hinausfährt, der wird sicherlich schon mal das großflächige Wandgemälde entdeckt haben, das sich über zwei Häuser an der Ecke zur Hansaallee erstreckt. Um es in seiner Gänze mit allen Details genießen zu können, reicht es allerdings nicht, hier vorbeizufahren und einen kurzen Blick zu riskieren. Das zweiteilige Mural von dem Künstler CASE Maclaim zeigt „Sender und Empfänger“: Auf der einen Seite eine Frau, die nachts an ihrer Schreibmaschine sitzt und auf der anderen Seite ein Mann, der das Geschriebene tagsüber liest. Ein wirklich tolles Werk, das sich ideal als Ziel für einen Spaziergang eignet – zumal der Grüneburgpark ganz in der Nähe liegt.
Wem ein Streetart-Projekt aber nicht ausreicht, der sollte nun besser aufs Fahrrad steigen, um noch ein paar weitere Stationen abzuklappern. Es geht die Straße runter, stadteinwärts in Richtung Bergerstraße. An der Kreuzung Höhenstraße/Heidestraße kommt Ihr an einer weiteren tollen Wandbemalung vorbei. Im Gegensatz zu dem Werk an der Miquelallee ist diese allerdings wesentlich älter und befindet sich schon seit einigen Jahrzehnten an der Hauswand. Es ist ein Bild voller Kontraste, das dem Betrachter einen Einblick in das ganz besondere Innenleben des Hauses bietet.
Wenn Ihr nun weiter in die Heidestraße rechts abbiegt und dieser einige Meter folgt, kommt Ihr zur Schleiermacherstraße. Hier links abbiegen und nach ein paar Metern steht Ihr vor dem Jugendhaus Heideplatz, dessen Fassade von bunten Graffitis geschmückt ist. Ein schöner Kontrast zu dem vorherigen, eher klassischen Wandbild. Nach einem kurzen Fotostopp einfach der Straße weiterfolgen, bis Ihr auf die Berger Straße stoßt. Jetzt geht es die Berger runter bis zum Merianplatz. Hier wird eine Hausfassade von einem überdimensionalen Reißverschluss regelrecht aufgezogen. Da lassen sich mit etwas Einfallsreichtum bestimmt amüsante Bilder machen. Noch etwas weiter unten, gegenüber des Eingangs zum Bethmannpark, kommt Ihr zu einer Hauswand, auf der eine der bekanntesten Graffiti-Figuren der Stadt ihr Unwesen treibt: Der CityGhost! Dieses Wesen ist Euch sicherlich schon häufig begegnet, ist es doch seit Jahren auf Hauswänden (z.B. beim DRK am Günthersburgpark – ebenfalls sehr sehenswert), auf Mülleimern, an Stromkästen und an vielen weiteren Orten zu finden.
Wer jetzt noch Lust hat, kann durch den schönen Bethmannpark zur Friedberger Landstraße gehen (oder radeln) und dieser dann stadtauswärts einige Meter folgen. An der Ecke Gaußstraße hat der Künstler Thomas Stolz ein großes Porträt des Wissenschaftlers Carl Friedrich Gauß, den einige von uns noch vom alten 10 DM Schein kennen, verewigt. Direkt daneben schmückt ein Bulle & Bär Bild von Guido Zimmermann eine weitere Hauswand.
Ihr wollt noch mehr tolle Wandbilder? Kein Problem, ich hab da noch ein paar Tipps für Euch:
Eintracht-Liebe an der Hauswand
Die Eintracht spielt in den Herzen vieler Frankfurter eine ganz besondere Rolle. Da ist es selbstverständlich, dass der Traditionsverein auch Thema vieler Graffitis und Wandgemälde in Frankfurt ist. Gerade um das Waldstadion (es soll tatsächlich Menschen geben, die das Stadion Deutsche Bank Park nennen) herum sind etliche Eintracht Graffitis zu entdecken - zum Beispiel in der Bahnunterführung Flughafenstraße zu E5 des Stadions. Aber auch auf großflächigen Murals ist die Eintracht gleich mehrfach im Stadtgebiet vertreten. Vier besondere Eintracht-Hauswände möchte ich Euch hier vorstellen.
Den Anfang macht ein Wandgemälde, bei dem es weniger um den Verein und mehr um ein beeindruckendes Zeichen gegen Rassismus geht. In Niederrad steht das Konterfei von Anthony Yeboah, verewigt von dem Künstler Mathias Weinfurter, für mehr Toleranz im Sport wie im Alltag. „Wir schämen uns für alle, die gegen uns schreien“ lautet der Schriftzug dieses Wandbildes, das 2014 in Anwesenheit von Yeboah selbst eingeweiht wurde. Das Haus ist von der S-Bahnhaltestelle Niederrad gut sichtbar, so dass Jeder, der vom Flughafen aus kommend in die Stadt oder in Richtung Wiesbaden aus der City herausfährt, an diesem Wandbild vorbeifährt.
Den Pokalsieg von 2018 feiert eine Wandbemalung im Westend. An der Hausfassade im Grüneburgweg (zu sehen auf der Rückseite in der Unterlindau) prangt ein riesiger DFB-Pokal, der an einen der schönsten Eintracht-Momente der letzten Jahre erinnert. Ein weiterer Meilenstein der Vereinsgeschichte wird in Bockenheim zelebriert. In der Werrastraße wurde vom Künstlerkollektiv "Frankfurter Farbe" in 300 Arbeitsstunden der Sieg des UEFA Cups im Jahr 1980 bildhaft festgehalten. Auf dem Wandgemälde reckt Charly Körbel den UEFA-Cup in die Höhe – ein für Viele unvergesslicher Moment, der hier auf eindrucksvolle Art verewigt wurde.
Und schließlich hat das Kollektiv "Frankfurter Farbe" auch in der Heidestraße in Bornheim (parallel zur Berger Straße) eine Hauswand der Eintracht gewidmet – genauer gesagt ihrem Wohnzimmer, dem Waldstadion. Diese Hauswände sollte jeder Eintracht-Fan gesehen haben.
Ganz Frankfurt an einer Wand
Natürlich ist Frankfurt selbst oft Thema bei Wandbemalungen jeglicher Art. In der Innenstadt könnt Ihr direkt an der Hauptwache ein solches Bild entdecken. Wenn Ihr vom Eschersheimer Tor auf der rechten Straßenseite in Richtung Zeil lauft, richtet doch kurz vorm Erreichen der Hauptwache Euren Blick leicht rechts auf die dortige Hauswand. Die kleine Stadtansicht, die Ihr hier findet, ist allerdings nur ein Appetithäppchen, denn ein wirklich beeindruckendes Werk findet Ihr ein paar hundert Meter entfernt auf der Rückseite der Kleinmarkthalle. Hier ist auf mehreren Metern Mauer alles zusammengefasst, was Frankfurt ausmacht: Grie Soß und Apfelwein findet man hier ebenso wie Goethe, Heinz Schenk und Fraa Rauscher. Ein tolles Werk mit vielen kleinen Details, das Ihr am besten sonntags, wenn die Kleinmarkthalle geschlossen und der Parkplatz weitgehend leer ist, in seiner Gänze bewundern könnt.
Ähnlich sehenswert, aber zu Fuß oder mit dem Rad eher schwer erreichbar, ist die großflächige Bemalung von Mauer und Wänden am Busbahnhof am Terminal 1 des Frankfurter Flughafens. Hier werden Frankfurts Lieblings-Orte wie der Palmengarten, der Zoo oder auch das Senckenberg-Museum, aber auch der Hauptbahnhof oder die Eintracht bildlich gewürdigt. Besonders das etwas größere Stadtporträt ist absolut sehenswert und ein tolles Fotomotiv.
Weitere Highlights
Zum Abschluss dieses Blog-Beitrags hab ich noch einige weitere Tipps für Euch, die mir persönlich sehr gut gefallen: Da wäre etwa die Wandbemalung der Maßschneider-Innung in der Bleichstraße, etwa gegenüber der Peterskirche. Auch im Ostend gibt es viele bunte Hauswände – etwa direkt am Ostbahnhof, wo Euch auf der Hanauer Landstraße die bunt bemalte Fassade des Frankfurt Pub begrüßt. Und weiter oben auf der Hanauer ist gegenüber der Straßenbahnhaltestellte Riederhöfe ein weiteres Mural von Guido Zimmermann zu entdecken. Das ist freilich nur eine kleine Auswahl von beeindruckenden, amüsanten, originellen oder einfach nur schönen (Häuser-)Wänden in Frankfurt. Ihr kennt doch sicherlich auch tolle Wandgemälde oder großflächige Graffitis, die man unbedingt gesehen haben sollte? Schreibt uns gerne Eure Tipps an: marketing@trifels.de
Ein Beitrag von Sebastian Betzold